Die Kurse von Tech-Aktien entwickeln sich heute im US-Handel eigentlich ziemlich gut. Chinesische Internet-Unternehmen können allerdings nicht mithalten. JD.com, Baidu, Netease und Pinduoduo gehören im Nasdaq zu den schwächsten Aktien. Auch für Alibaba geht es abwärts. Zudem hat Chinas E-Commerce-Marktführer ein weiteres Problem.
Die vergleichsweise harten Corona-Maßnahmen in China würgen das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ab. Das Bruttoinlandsprodukt schrumpfte im zweiten Quartal im Vergleich zum Jahresanfang um 2,6 Prozent. Das teilte das Pekinger Statistikbüro heute mit. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gab es ein Wachstum von 0,4 Prozent. Das war der schwächste Wert seit Beginn der Pandemie. Schätzungen lagen im Vorfeld bei etwa ein Prozent Wachstum.
Im ersten Quartal war die Wirtschaft im Jahresvergleich noch um 4,8 Prozent gewachsen. Der Abwärtsdruck habe nun deutlich zugenommen, hieß es.
Schlecht für die Mittelschicht
Die Konjunktur leidet darunter, dass Peking nicht von seiner Null-Corona-Politik abrückt. „Die Mittelschicht bekommt die Auswirkungen zunehmend zu spüren, etwa durch stagnierende Einkommen oder fallende Immobilienpreise. Dadurch erhöht sich der politische Druck auf die Regierung, Lösungen zu finden“, kommentierte Max Zenglein vom Berliner China-Institut Merics die Lage. Das schwache Wachstum verstärke Probleme im Finanzsystem. Ohne einen deutlichen Aufschwung sei in den kommenden Monaten mit einem Anstieg der Zahlungsausfälle zu rechnen. „Das effektivste Konjunkturprogramm der Regierung wäre eine Abkehr von der drakonischen Null-Covid-Strategie“, sagte Zenglein.
Damit rechnet in China kaum jemand. Noch immer können wenige Infektionen dazu führen, dass ganze Stadtteile abgeriegelt werden.
Auch starke Exportzahlen für Juni, die China am Mittwoch vorlegte, sind Ökonomen zufolge nicht als Entwarnung zu verstehen. Zum Teil ist der Anstieg um 17,9 Prozent demnach damit zu erklären, dass Geschäfte nachgeholt wurden, nachdem sich Shanghai Ende Mai wieder öffnen durfte. Besorgnis löste das Importwachstum von einem Prozent aus, das auf eine geringe Kauflust bei Verbrauchern hinweist.
Nach dem Ende der Corona-Lockdowns stehen chinesische Tech-Werte vor einem enormen Wachstumsschub – und auch Südostasien bietet 2023 einmalige Renditeschancen für Anleger. Das Aufholpotenzial ist immens – vor allem in der Technologie-Szene. Seien Sie dabei, wenn der CAT-Report von Martin Weiß an den Start geht. Neben klassischen Tech-Titeln fokussiert sich der Spezialdienst auf Wachstumsmärkte wie E-Mobilität, Cloud, künstliche Intelligenz, Gaming und E-Commerce.
Trotz der Schwäche in der ersten Jahreshälfte deutete die chinesische Führung zuletzt an, ihr ambitioniertes Wachstumsziel von 5,5 Prozent für das Gesamtjahr nicht aufgeben zu wollen. China werde „effektivere Maßnahmen erlassen, um die sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungsziele für 2022 zu erreichen“, hatte Präsident Xi Jinping Ende Juni angekündigt. Passend dazu gaben die Lokalregierungen im Juni Anleihen in Rekordumfang aus. Das Geld soll für den Bau von Infrastruktur genutzt werden. Mit neuen Schulden und hohen Infrastruktur-Ausgaben will Peking offenbar auf ein altbewährtes Rezept setzen, um der Konjunktur Schwung zu verleihen.
In dieser Woche räumte Ministerpräsident Li Keqiang jedoch ein, dass es eine schwierige Aufgabe werde, die Wirtschaft zu stabilisieren. Der Regierungschef rief dazu auf, vor allem entschlossen gegen die steigende Arbeitslosigkeit vorzugehen.
Cloud-Hack
Alibaba hat zudem Ärger, nachdem Hacker im System der chinesischen Polizei einen Datensatz mit Angaben zu einer Milliarde Bürgern abgegriffen haben. Die betroffenen Daten lagen offenbar unzureichend gesichert in der Alibaba-Cloud. Insidern zufolge gibt es deswegen derzeit Gespräche zwischen Alibaba-Mitarbeitern und Behörden-Vertretern.
Der Hackerfall dürfte gestern zu den mehr als fünf Prozent Kursverlust bei Alibaba im US-Handel beigetragen haben. Die heutigen Wirtschaftsdaten sind auch ernüchternd. Warum die aktuellen Rücksetzer trotzdem eine Einstiegschance sein könnten, lesen Sie in der aktuellen AKTIONÄR-Ausgabe.
(mit Material von dpa-AFX)
Der Handel mit Anteilen chinesischer Unternehmen ist mit erheblichen politischen und rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Für Anleger besteht ein erhöhtes Totalverlustrisiko.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren: Alibaba, Baidu, JD.com.