Erst fragte die Staatsanwaltschaft Frankfurt bei der BaFin nur nach Informationen. Nun wird ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen einige Mitarbeiter der Finanzaufsichtsbehörde eingeleitet. Es geht "um mögliche Verstöße gegen das Wertpapierhandelsgesetz", sagte eine BaFin-Sprecherin. Mehrere Wirecard-Aktionäre haben Strafanzeige gestellt.
Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hatte Ende Februar zunächst eine Vorprüfung eingeleitet und von der BaFin Informationen eingefordert. Nun wurden im Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal strafrechtliche Ermittlungen gegen bisher unbekannte Personen eingeleitet, bestätigte eine Sprecherin der Behörde am Dienstag. Details nannte sie nicht.
Hintergrund sind Anzeigen von Wirecard-Aktionären. Sie werfen der BaFin vor, sie habe ihre Aufsichtspflichten bei Wirecard und der Wirecard Bank verletzt.
Das frühere DAX-Unternehmen Wirecard hatte im Juni 2020 Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt und in der Folge Insolvenz angemeldet. Weil dies jahrelang unentdeckt blieb, steht unter anderem die BaFin in der Kritik.
Zum anderen geht es um die möglicherweise strafbare Verletzung von Regeln zum Insiderwissen. Nach dem Zusammenbruch des Zahlungsdienstleisters war bekannt geworden, dass BaFin-Angestellte teils intensiv mit der Wirecard-Aktie spekuliert hatten.
Ende Januar 2021 hatte die BaFin einen dieser Mitarbeiter freigestellt und selbst bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen Verdacht auf Insiderhandel angezeigt. Er hatte einer internen Untersuchung zufolge am 17. Juni strukturierte Produkte mit Wirecard-Bezug verkauft. Einen Tag später meldete Wirecard, kein Testat für den Jahresabschluss 2019 zu erhalten.
BaFin-Chef Felix Hufeld und Vizechefin Elisabeth Roegele traten in der Folge ab. Die ehemalige BaFin-Exekutivdirektorin hatte im Februar 2019 trotz fachlicher Zweifel das Verbot von Leerverkäufen mit Wirecard durchgesetzt.
Zuletzt wurden neue Vorwürfe laut, wonach mehrere BaFin-Mitarbeiter trotz des im Herbst 2020 ausgesprochenen Spekulationsverbots mit verschiedenen Aktien gezockt haben sollen – darunter GameStop und AMC Entertainment.
Die Wirecard-Aktie dümpelt seit ihrem dramatischen Absturz im Sommer 2020 mittlerweile unterhalb von 40 Cent umher. Eine nachhaltige Erholung des Kurses gilt aus ausgeschlossen.
Es laufen derweil weitere Verfahren gegen die Wirecard AG. Der Insolvenzverwalter lässt sich bei seiner Klage gegen die Wirecard AG von Gleiss Lutz unterstützen, schrieb das Juristen-Portal Juve.de vor zwei Wochen. Federführend tätig seien die Frankfurter Compliance-Partner Dr. Eike Bicker und der Münchner Prozessrechtler Dr. Luidger Röckrath.
Gegenstand des Verfahrens sind die Wirecard-Jahresabschlüsse aus den Jahren 2017 und 2018. Das Gericht soll nun deren Nichtigkeit feststellen, darauf hat der Insolvenzverwalter geklagt. Sollte Wirecard-Insolvenzverwalter Michael Jaffé mit seiner Klage Erfolg haben, eröffnet ihm die Entscheidung den Weg, Schadensersatzansprüche anzumelden.
Unter anderem könnte er von Aktionären die Rückzahlung von Dividenden verlangen, sollten diese von möglichen unrechtmäßigen Geschäften der Wirecard AG gewusst haben. Hier dürfte Jaffé vor allem Ex-CEO Markus Braun im Blick haben, schreibt Juve.de. Braun war seinerzeit größter Einzelaktionär des Unternehmens.
Durch das Verfahren könnte auch der Weg zu einem weiteren Akteur frei werden, nämlich EY. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hatte die nun angegriffenen Jahresabschlüsse testiert. Sollten darin grobe Fehler nachgewiesen werden, könnte das die Argumentation von Anlegern stärken.
Anwalt.de wiederum schreibt, dass die Rechtsanwaltskanzlei Leipold bislang für ca. 450 Wirecard-Anleger Schadensersatzforderungen zur Insolvenztabelle angemeldet hat. Normalerweise stehen Aktionäre ganz hinten an im Falle einer Insolvenz. Aufgrund der Gegebenheiten im Fall Wirecard und den dortigen Vorkommnissen wird in dem Artikel geraten nicht als Gesellschafter, sondern im Wege des Schadensersatz seine Forderung anzumelden. Dies habe auch ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Georg Bitter bestätigt.
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