Der Skandal um Wirecard, um Vorwürfe der Bilanztrickserei, um Attacken von Leerverkäufern bis hin zu Bestechung und Erpressung – er wird von Tag zu Tag um mindestens eine scheinbar unglaubliche Facette reicher – und damit nur noch unfassbarer. Kaum hat sich die Situation ein wenig beruhigt, öffnet sich jetzt ganz offensichtlich eine zweite Front. Wieder spielt die Financial Times eine Rolle.
Gestern berichteten wir an dieser Stelle über einen weiteren Artikel in der Online-Ausgabe der britischen Financial Times. Das renommierte Wirtschaftsblatt berichtete über Short-Attacken gegen die Aktie des Vermögensverwalters Jupiter – nicht ohne auch Wirecard dabei ins Spiel zu bringen. In dem am Samstag erschienenen Artikel wird ein nicht namentlich genannter Analyst erwähnt, der als Grund für die stark gestiegene Short-Quote in der Aktie von Jupiter als eine mögliche Ursache das hohe Engagement der Jupiter-Fonds bei Wirecard ins Feld führt. Die Verluste bei Wirecard würden nun auch die Entwicklung der Jupiter-Fonds belasten und in der Folge den Wert der gesamten Gesellschaft mindern. Und damit auch Shortseller anlocken. Darunter auch den Wirecard-Leerverkäufer Crispin Odey.
Zur Erinnerung: Die FT war es, die durch Artikel von Dan McCrum, gegen den inzwischen von der Staatsanwaltschaft ermittelt wird (lesen Sie hier das Interview mit Ehssan Khazaeli, dem Rechtsanwalt des Anzeigeerstatters gegen Dan McCrum), den Crash bei Wirecard erst auslöste. In insgesamt drei einzelnen Artikeln erhob McCrum schwere Vorwürfe der Bilanzmanipulation gegen die singapurische Tochter der Wirecard AG. Bis heute wurden diese Vorwürfe nicht bestätigt. Wirecard hat sie aufs heftigste dementiert und möchte mit einem Bericht der Compliance-Kanzlei Rajah & Tann zur vollständigen Aufklärung beitragen. Mit der Veröffentlichung dieses Berichtes wird bis spätestens 4. April gerechnet.
Jetzt hat sich auch Wirecard-Großaktionär Jupiter zu Wort gemeldet. Wie die Nachrichtenagentur Dow Jones berichtet, hat Jupiter erklärt, „dass man zu keinem Zeitpunkt an dem Unternehmen gezweifelt“ habe. Man sei nach wie vor zuversichtlich, dass der Zahlungsabwickler gut aufgstellt sei, um weiter zu wachsen. Die Gesellschaft hält über ihre Fonds etwa fünf Prozent aller Wirecard-Anteile und ist damit nach der MB Beteiligungsgesellschaft mbH (Wirecard-CEO Dr. Markus Braun zuzurechnen), BlackRock und Artisan Partners Asset Management viertgrößter Aktionär. Allein der Jupiter European Fund hat 8,9 Prozent seines Vermögens in Wirecard veranlagt, was dem Gegenwert von etwa 472 Millionen Britische Pfund entspricht.
Am Ende drängt sich einmal mehr die Frage auf: Geht es hier noch um den Vorwurf von Bilanzmanipulation (der bis heute weder belegt noch wiederlegt ist), oder heißt es inzwischen, wer für Wirecard ist (Jupiter etwa), ist ein gefundenes Fressen für angelsächsische Hedgefonds und Berichterstatter, wird angegriffen? Das wäre eine neue Dimension im Umgang mit einem Unternehmen, dessen Aktie im DAX gelistet wird.
Ein Beitrag von Leon Müller, Chief Editor Börsen.Briefing. – dem täglichen Newsletter des Anlegermagazins DER AKTIONÄR (registrieren Sie sich kostenfrei unter www.boersenbriefing.de)
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