Ist die Brennstoffzelle der Schlüssel zum fliegenden Auto und dem Drohnen-Durchbruch? Plug Power und Ballard Power forschen intensiv an der Zukunft.
Haben Sie schon einmal Ihr E-Bike oder eine Spielzeugdrohne hochgehoben? Die enthaltenen Batterien sind sehr schwer. Zwar hat Tesla-Chef Elon Musk nun in Aussicht gestellt, dass ab 2023 die Leistungsdichte von Lithium-Ionen-Zellen so gesteigert wird, dass auch deren Verwendung in Flugzeugen Sinn macht. Doch gerade beim Einsatz in Drohnen und Fluggeräten, bei denen Gewicht eine große Rolle spielt, hat die Brennstoffzelle in Verbindung mit Wasserstoff unschlagbare Gewichtsvorteile.
Wird „totes“ Batteriegewicht verringert, steigt die Reichweite und die Möglichkeit, mehr Post- oder Amazon-Pakete auszuliefern. Drohnenpionier Ballard Power hat seit Jahren Drohnen-Know-how im Programm und berechnet, dass ein E-Commerce-Riese wie Amazon mit bisherigen Batteriedrohnen 22 Prozent seiner Pakete per Luftpost an den Mann bringen kann, doch mit Wasserstoffdrohnen sogar 65 Prozent seiner Logistik in der Luft organisieren könnte. Ballard Power verriet bereits, mit „einigen der weltweit größten Drohnenfirmen und Logistikkonzernen die Brennstoffzelle mit vielversprechenden Resultaten zu testen“.
Tatsächlich lesen sich die Performancezahlen beeindruckend: Wasserstoffdrohnen fliegen mehr als drei Mal so weit und erreichen neun Mal so viele Haushalte wie bisherige Batteriefluggeräte. Ein Markt mit Zukunft: Alleine der Markt für kleine Drohnen wird bis 2026 pro Jahr um 16 Prozent auf 23 Milliarden US-Dollar wachsen.
Noch spannender ist die Entwicklung großer Passagierdrohnen. Das israelische Start-up Urban Aeronautics hat im Sommer mit der Ankündigung aufhorchen lassen, künftig von Batterie auf „turbogekühlte Brennstoffzellen“ zu wechseln, die 20.000 Flugstunden halten sollen.
News: Plug Power greift an
Ein Trend, von dem sich Plug Power ein großes Stück sichern will. Am 19. August haben die Amerikaner nun eine luftgekühlte, kleine und besonders leichte 1-kW-Brennstoffzelle für Drohnen vorgestellt. Selbst große Höhen und extreme Temperaturen seien damit kein Problem. „Wir sind jetzt bereit, die ersten Schritte im Luftfahrtbereich zu unternehmen. Das Produkt hat unfassbares Potenzial. The sky is the limit“, so Plug-Power-CEO Andy Marsh, der im Interview an dieser Stelle im Dezember bereits darauf hingewiesen hatte, diesen Bereich „absolut“ voranzutreiben. Basis der Entwicklung ist der im Juni 2019 übernommene Brennstoffzellenspezialist EnergyOr, der bereits Erfahrungen mit Fluggeräten gesammelt hat. Die neue 1-kW-Drohne sei mit fünf erteilten US-Patenten abgesichert.
Chance Amazon
Spannend ist die Nähe von Plug Power zum Aktionär Amazon. Im Dezember sagte Marsh auf unsere Nachfrage noch, es seien mit Amazon direkt aktuell „noch keine Drohnenprojekte geplant“. Doch das kann sich mit dem jetzt vorgestellten Produkt eines Tages schnell ändern. Denn klar ist: Amazon hat das Ziel ausgerufen, eines Tages E-Commerce-Bestellungen per autonome Drohnen zu seinen Kunden zu fliegen. Dass die Forschungsabteilung dabei aktiv alle Möglichkeiten prüft, zeigt eine jüngst aufgetauchte Patenteinreichung von Amazon für eine Drohne, die auch Wasserski- und Wakeboardsport ermöglichen könnte.
Das Besondere am Plug-Power-Hot-Stock: Man lebt nicht nur von solchen Visionen, sondern treibt seit Jahren erfolgreich die Etablierung von Wasserstoffsystemen für die E-Commerce-Lager von Amazon oder Walmart voran. Und das Geschäft mit Brennstoffzellen-Gabelstaplern boomt. Mittlerweile werden 30 Prozent aller Lebensmittelverkäufe der USA mit Wasserstoff- statt Batterielagerfahrzeugen ausgeliefert. Auch in Corona-Zeiten ist die Nachfrage ungebrochen. Die reinen E-Commerce-Erlöse des Plug-Power-Großkunden Walmart stiegen etwa im zweiten Quartal um beeindruckende 97 Prozent.
133 Prozent mehr Leistung
Wasserstoff hat gegenüber herkömmlichen Gabelstaplern entscheidende Vorteile. Der Supermarktzulieferer Aryzta hat nachgerechnet und erkannt, dass dank Plug-Power-Systemen im Schnitt pro Fahrzeug 133 Prozent mehr Waren pro Stunde bewegt werden. Plug-Power-CEO Andy Marsh erklärte uns: „Unsere Brennstoffgabelstapler sind in zwei Minuten mit Wasserstoff betankt, während Laden Stunden und selbst ein Wechsel von Batterien 20 Minuten dauert.“
Und Andy Marsh will mehr. Man befinde sich mit „zahlreichen“ großen Playern in Diskussionen, um die Brennstoffzelle auch für große Transporter einzusetzen.
Zukunft gewinnt
Verrückte Ideen von heute sind die Realität von morgen. Wasserstoff-Hot-Stocks wie Plug Power sind riskant und hoch bewertet. Doch Fortschritte im Bereich Drohnen unterstreichen die enormen Wachstumschancen. Dank Milliardenförderungen der Politik sind weitere Großaufträge wahrscheinlich. Die operative und charttechnische Dynamik ausgewählter Wasserstoff-Aktien ist voll intakt. Hinweis: Plug Power ist im Depot 2030.
Dieser Artikel ist in DER AKTIONÄR Nr. 36/2020 erschienen, welches Sie hier als PDF gesamt herunterladen können.