Netflix und Co. haben seit Dienstag einen neuen starken Rivalen in Deutschland: Disney hat seinen Videostreaming-Dienst gestartet. Disney+ hat zwar zunächst ein deutlich schmaleres Programmangebot als die großen Konkurrenten, doch der Unterhaltungsriese hat einige Trümpfe in der Hand.
Disney setzt bei Disney+ auf die Anziehungskraft von Star Wars, der Marvel-Comic-Verfilmungen und seines reichhaltigen Kinderprogramms. Wie andere Streamingdienste läuft auch Disney+ in den kommenden Wochen in Europa mit etwas reduzierter Bildqualität, um die Netze in der Coronavirus-Krise zu entlasten.
Mit Disney+ riskiert der Konzern eine Strategiewende: Zuvor verdiente er gut mit Gebühren von anderen Streaming-Plattformen, wo seine Inhalte liefen, sowie Kabelanbietern. Doch angesichts des Streaming-Booms beschloss der kürzlich abgetretene Firmenchef Robert Iger, dass Disney die Inhalte in Eigenregie an die Nutzer bringen muss.
Da der Service zum Start nur wenige exklusive Publikumsmagnete wie die Star-Wars-Serie The Mandalorian vorweisen kann, setzte Disney den monatlichen Preis mit 6,99 Euro unter dem Niveau der großen Konkurrenten an.
Potenzial ist enorm
Die langfristigen Aussichten für Streaming sind top. Die Experten von Digital TV Research schätzen die Zahl der weltweiten Nutzer von kostenpflichtigen „Video on demand“-Angeboten im Jahr 2024 auf 950 Millionen. 2015 waren es gerade einmal 170 Millionen.
DER AKTIONÄR traut Disney+ angesichts des erstklassigen, immensen Contents zu, eine sehr wichtige Rolle im Streamingbusiness zu spielen. Vier Monate nach dem Start zählt der Dienst bereits über 30 Millionen Kunden.
Bis 2023 sind 100 Millionen Kunden realistisch. Netflix könnte bis dahin 200 Millionen Kunden haben. Heißt: Ein Netflix-Kunde wird an der Börse mit 790 Dollar bewertet. Ein Netflix-Jahresabo kostet 160 Dollar, Disney verlangt 70 Dollar. Dafür muss Netflix permanent teuer neu produzieren, während Disney noch viele Inhalte auf Halde hat.
Ein fairer Wert pro Disney+-Kunde wären daher 395 Dollar (knapp die Hälfte von Netflix). Bei 100 Millionen Kunden ergibt sich somit ein Wert für die App von 39,5 Milliarden Dollar oder 25 Dollar pro Aktie.
Nun notiert die Disney-Aktie aber mittlerweile deutlich unterhalb des Vor-Disney+-Niveaus, was angesichts des Potenzials des Streamingdienstes eine vorzügliche Einstiegsgelegenheit bedeutet. Zumal die Disney-Aktie im April 2019 nach der Ankündigung der App bis auf 139 Dollar stieg. Das wären Stand jetzt (Kurs vorbörslich bei 91,55 Dollar) exakt 53 Prozent.
(Mit Material von dpa-AFX)