Von Vorsicht ist am Montag die Haltung am Markt zur VW
Analyst Philippe Houchois von der US-Investmentbank Jefferies hatte etwaige Belastungen aus einem Stellenabbau und einer Umstrukturierung bei Volkswagen auf 2,5 bis 4 Milliarden Euro geschätzt. Die entsprechenden Mittelabflüsse dürften in den kommenden beiden Jahren stattfinden, so der Experte in einer Studie. Nach einem Treffen mit dem Management der Wolfsburger habe er den Eindruck, dass es keinen "Plan B" gebe als Alternative zu den Forderungen der Konzernführung.
VW steht stellvertretend für die Probleme in der Autoindustrie und die schwache Nachfrage nach Elektroautos. Fast 30 Prozent Minus fuhren die Aktionäre seit Jahresbeginn ein. Der Börsenwert kippte auf ein Niveau ab, das zuletzt auf dem Höhepunkt des „Dieselgate“-Abgasskandals im Jahr 2015 erreicht wurde.
Kosten müssen runter
Das dritte Quartal war geprägt von Restrukturierungslasten. Der Konzerngewinn nach Steuern sackte um 64 Prozent auf 1,58 Milliarden Euro ab. Der Umsatz fiel um ein halbes Prozent auf 78,5 Milliarden Euro. Die Marke VW kam im 3. Quartal nur noch auf eine mickrige EBIT-Marge von 1,8 Prozent. Bei der Kernmarke VW-PKW waren es 3,2 Prozent.
VW-Chef Blume: Ziel steht
VW-Konzernchef Oliver Blume sieht keine Alternative zu harten Sparmaßnahmen bei Volkswagen. "Das Ziel für Kosten- und Kapazitätsanpassung steht", sagte er der Bild am Sonntag.
VW sei in der Heimat zu teuer. "Unser Arbeitskostenniveau ist beispielsweise hier oftmals mehr als doppelt so hoch wie der Durchschnitt unserer europäischen Standorte", betonte Blume.
Was das Thema Effizienz betrifft, produziert etwa der chinesische Elektroautobauer BYD rund 20 bis 30 Prozent günstiger als VW. Und auch Toyota ist effektiver: VW fertigt mit 680.000 Mitarbeitern knapp 9 Millionen Autos im Jahr, während man bei Toyota mit 370.000 Mitarbeitern über 11 Millionen Autos baut.
Zugegeben, Volkswagen hat große Probleme, die nicht von der Hand zu weisen sind. VW ist mit seinen ID. Modellen nicht konkurrenzfähig ist. Die Softwaresparte Cariad kann nicht die gewünschten Ergebnisse liefern, das Infotainment liegt weit von den Bedürfnissen der Kunden weg. Die Autos sind allerhöchstens Standard.
Hinzu kommt, dass Volkswagen derzeit keine günstigen Elektroautos für den Massenmarkt liefern kann. Elektroautos Made by VW unter 25.000 Euro werden erst Ende 2025 auf den Markt kommen. 2027 soll die Preisgrenze von 20.000 Euro unterschritten werden.
Das Einstiegsmodell, der ID.3 beginnt knapp über 30.000 Euro. Mit ein paar Extras liegt man schnell bei 36.000 Euro plus X. Der ID.3 GTX beginnt bei schlappen 50.000 Euro. Ein E-autos für so genannte „Early Adopter“ oder die Late Majority“ sind anders gepreist.
„Volkswagen schiebt den schwachen Absatz der eigenen Elektroautos eher dem Kunden in die Schuhe, nicht aber der mangelnden Attraktivität der eigenen Elektroautos“, sagt Zukunftsforscher Mario Herger.
Im wichtigsten Automarkt der Welt China sind die Stromer von VW Ladenhüter. Die Wolfsburger verlieren mehr und mehr an Boden gegenüber BYD, Nio und Xiaomi. Die üppigen Gewinne der Vergangenheit, die in China gemacht wurden und damit die Probleme und die mickrige Marge der VW-Kernmarke kaschiert haben, sind passé. Die Wolfsburger werden 2024 in China nur noch rund 1,5 Milliarden Euro verdienen. Das wäre der Stand von 2010.
Die erste Welle der Disruption haben die Wolfsburger bereits verschlafen. Nun hecheln sie im neuen E-Mobility-Zeitalter First Mover Tesla und BYD hinterher. Die zweite Welle der Disruption ist bereits angelaufen. In San Francisco und Los Angeles spulen Waymos selbst fahrende Stromer jede Woche rund 1,6 Millionen Kilometer herunter. Hier hat VW derzeit wenig entgegenzusetzen.
Schafft der Volkswagen-Konzern die Wende? Schaffen es die Wolfsburger, sich neu zu erfinden oder wird der Automobil-Hersteller in Zukunft nur noch zum „Blechbieger“ für die großen Tech-Konzerne? Noch hat VW die Chance, noch ist es möglich, mit Hilfe von Rivian und Xpeng die Probleme in der Software-Sparte und den Rückstand bei selbst fahrenden Autos wett zu machen. Aktuell ist die Aktie allerdings noch kein Kauf.
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Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen Vz..