Der Autobauer Volkswagen hat insbesondere bei seiner Kernmarke VW-Pkw mit hohen Kosten zu kämpfen. Beim Wolfsburger Herzstück von Europas größtem Autokonzern ging die operative Umsatzrendite in den ersten neun Monaten des laufenden Jahres auf 3,4 Prozent zurück, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Damit blieben von 100 Euro Umsatz nur rund 3,40 Euro Betriebsgewinn im Tagesgeschäft übrig. Ein Jahr zuvor betrug die operative Marge dagegen noch 4,7 Prozent. Die anderen Marken in der sogenannten Markengruppe Core (Skoda, Seat/Cupra, VW Nutzfahrzeuge) konnten hingegen ihre Profitabilität im Jahresvergleich steigern.
Volkswagen begründete das schwächere Abschneiden unter anderem mit höheren Produktkosten sowie einer Verschiebung hin zu billigeren Autos. Zudem belastete wie bereits bekannt ein Produktionsausfall eines Zulieferers wegen des Hochwassers in Slowenien im dritten Quartal.
VW-Markenchef Thomas Schäfer arbeitet derzeit noch an den Details eines milliardenschweren Sparprogramms für die Massenmarken des Konzerns, um die Rendite zu steigern. Dazu führt er unter anderem Gespräch mit der Arbeitnehmervertretung. Laut Volkswagen geht es insbesondere darum, Geld für Investitionen in Elektroantriebe und den stärkeren Softwareeinsatz im Auto freizuspielen
Bereits vor wenigen Tagen hatte Volkswagen seine Ziele für das operative Ergebnis eingedampft. Mit Blick auf das Gesamtjahr wurde CEO Oliver Blume beim Betriebsgewinn vorsichtiger. Er machte dafür vor allem negative Effekte bei Sicherungsgeschäften verantwortlich. Auf Kurs sieht sich das Management dagegen beim Umsatzziel und auch bei der im Sommer gestutzten Auslieferungsprognose.
Trotz der schwachen Aussichten blieb zuletzt die Deutsche Bank bei ihrer Kaufempfehlung für die Aktie. Viele Marktteilnehmer hätten bereits mit einer Gewinnwarnung gerechnet, da sich der Autobauer auf mehreren Branchenveranstaltungen am vorsichtigsten geäußert habe, schrieb Analyst Tim Rokossa in einer Studie. Die beibehaltenen Absatz- und Umsatzziele werte er indes als Zeichen des Vertrauens. Sein Kursziel lautet 190 Euro.
Dagegen blieb die UBS vor wenigen Tagen bei ihrer Verkaufsempfehlung. Der Autobauer habe mit dem operativen Gewinn die Erwartungen verfehlt und diesmal nicht auf die Verluste aus Absicherungsgeschäften für Rohstoffe verwiesen, sondern auf einen Produktionsausfall eines Zulieferers in Slowenien nach einem Hochwasser und gestiegenen Produktkosten, schrieb Analyst Patrick Hummel in einer Studie. Wie von ihm erwartet habe VW auch die operative Ergebnisprognose gesenkt und liege nun unter der Konsensschätzung. Er bleibt aufgrund der sich verschlechternden Profitabilität bei den Volumenmarken mit einer nachlassenden Dynamik in Europa sowie anhaltenden Marktanteilsverlusten in China vorsichtig.
Die schwachen Zahlen bestätigen die vielen Baustellen, die das VW-Management derzeit zu meistern hat. DER AKTIONÄR sieht derzeit keine positiven Anzeichen für steigende Kurse für die VW-Aktie.
Volkswagen hat in den letzten Monaten im wichtigsten Automarkt der Welt China Marktanteile verloren. Allen voran im wichtigen E-Mobility-Segment kommen die ID-Modelle bei den Konsumenten nicht an. Zu wenig innovativ, zu wenig Infotainment, mangelhafte Software. Hinzu kommt, dass die Konkurrenz im Mittelklasse-Segment mit Nio, BYD, Xpeng und Geely immer größer wird. Allen voran BYD wird in Europa den Massenherstellern wie VW und Stellantis Stück für Stück Marktanteile abnehmen. Ein echter Game-Changer ist aus Sicht des VW-Konzerns nicht in Sicht.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen Vz.