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Volkswagen: Paukenschlag – Milliardendeal mit Rivian

Volkswagen: Paukenschlag – Milliardendeal mit Rivian
Foto: Michele Tantussi/REUTERS
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Jochen Kauper 26.06.2024 Jochen Kauper

Volkswagen holt sich bei Elektroautos Hilfe vom E-Mobility-Start-Up Rivian - und nimmt dafür Milliarden in die Hand. Europas größter Autobauer will bis zu fünf Milliarden Dollar ausgeben und gemeinsam Technik für künftige Fahrzeuge entwickeln. Für Rivian ist es eine höchst willkommene Geldspritze: Die Firma schreibt nach wie vor rote Zahlen und hat aktuell mit einem sinkenden Interesse an Elektroautos in den USA zu kämpfen. Die zuletzt schwächelnde Rivian-Aktie sprang im nachbörslichen US-Handel um fast 50 Prozent hoch.

VW
Foto: VW
VW ID.7

Die Kooperation ist recht eng gefasst: Software, Steuercomputer sowie Netzwerk-Architektur. Ein zentraler Punkt: Volkswagen wird für neue Autos in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts auf Rivians Technologie und Software einschwenken. Der Autoriese könnte damit viel Geld im Vergleich zu einer Entwicklung der Technik in Eigenregie sparen. Rivian-Chef RJ Scaringe betonte in einer Telefonkonferenz am Dienstag, dass andere Bereiche wie Batterien oder Antriebstechnik nicht Teil der Partnerschaft seien.

Damit die Hersteller immer neue Funktionen bieten können, sammelten sich in Autos schon seit Jahren mehr und mehr Steuereinheiten und längere Kabelstränge an. Mit dem Vormarsch von Elektroautos kam auch ein Wettstreit bei neuen Fahrzeug-Architekturen in Gang. Die Trends: Weniger Komplexität und ein Fokus auf Software. Tesla war ein Vorreiter - ein Computer auf Rädern.

VW
Foto: Audio und werbung/Shutterstock
VW ID.3

Rivians Architektur: Zonen-Modell statt zu vieler kleiner Computer

Rivian entwickelte von Anfang an eine eigene Architektur, in der die Auto-Elektronik in mehrere Zonen mit eigenen Computern aufgeteilt wird. In der ersten Generation der Rivian-Plattform seien noch 17 dieser Steuereinheiten nötig gewesen, sagte Scaringe. Jetzt zur zweiten Generation habe man die Zahl auf sieben gedrückt.

Rivian (WKN: A3C47B)

VW hat seit Jahren mit Problemen bei der hauseigenen Software-Entwicklung für Elektroautos zu kämpfen, dadurch verzögerten sich bereits Modellstarts. Scaringe legte am Dienstag den Finger in die Wunde. Man habe in den vergangenen Jahren erkannt, dass etablierte Hersteller Schwierigkeiten bei eigener Software hätten.

Er sieht den Grund dafür darin, wie das Geschäft der Autobauer über Jahrzehnte lief: Viel Technik wurde bei verschiedenen Zulieferern eingekauft, "im Ergebnis hatte man eine Menge kleiner Computer, die an ganz bestimmte Funktionen angebunden waren". Wenn man aus dieser Welt komme, tue man sich schwer damit, eine Architektur nach dem Zonen-Prinzip zu entwickeln, bei der eine Steuereinheit Funktionen über mehrere Bereiche hinweg übernehme. Rivian ordnete diese ECUs (Electronic Control Unit) verteilt im Fahrzeug an, um den Weg für die Datenübermittlung zu verkürzen.

Rivian
Foto: Shutterstock
Rivian Pick-Up R1T

Experte: Ein Schnäppchen für VW

Rivian sei einer der weniger Hersteller, die eine solche Zonen-Architektur in der Serienproduktion hätten - und damit wertvoll für VW, kommentierte den Deal der Autoanalyst der Marktforschungsfirma Garter, Pedro Pacheco. Wenn man bedenkt, wie viel Geld Volkswagen bereits in die Entwicklung einer eigenen Plattform investiert habe, seien die Milliarden für Rivian "ein echtes Schnäppchen" für den deutschen Konzern. Der Deal sende auch ein Signal, dass Dinge, die man einst selber entwickelte, nun von einem anderen Hersteller kommen könnten. Zugleich warf Pacheco die Frage auf, was Hersteller mit ihren eigenen Autosoftware-Teams machen, wenn sie so viel zukaufen.

Rivian
Foto: Rivian
Rivian SUV R1S

Der Plan von Rivian und VW sieht ein Gemeinschaftsunternehmen vor, in dem für beide Hersteller entwickelt werden soll. Die Milliarden sollen Rivian nach und nach zufließen. Erst kauft VW Wandelanleihen für eine Milliarde Dollar. Kommt das gemeinsame Entwicklungslabor zustande, zahlt VW eine weitere Milliarde, kauft in zwei Tranchen Aktien für jeweils eine Milliarde 2025 und 2026 und gibt eine weitere Milliarde als Kredit.

Volkswagen bekam zuletzt mehr und mehr Schwierigkeiten beim offensiven Kurs in Richtung Elektromobilität. In Europa ist die Nachfrage schwach, in China ist der Wettbewerb mit günstigen heimischen Herstellern hart. In den USA will der Konzern mit Elektroautos deutlich Marktanteile gewinnen und hatte dafür hohe Investitionen bereits angekündigt.

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Foto: Volkswagen AG
VW-Chef Oliver Blume

1,45 Milliarden Dollar Verlust bei 13.600 Auslieferungen

Rivian lieferte im vergangenen Quartal knapp 13.600 Elektroautos aus und machte dabei 1,2 Milliarden Dollar Umsatz sowie 1,45 Milliarden Dollar Verlust. Die Firma ist in zwei in den USA populären Fahrzeug-Kategorien aktiv: Große SUVs und Pickups. Außerdem baut Rivian für Amazon elektrische Lieferwagen, die inzwischen auch in Europa zu sehen sind. Der weltgrößte Online-Händler ist ebenfalls ein Investor.

Die Stimmung unter den Tesla-Herausforderern, die sich ein immer schnelleres Tempo beim Elektroauto-Absatz erhofften, ist verhalten. Gerade in den USA greifen viele Käufer aktuell lieber zu Hybrid-Modellen.

Analyst Jose Asumendi von JPMorgan sieht den Schritt positiv, auch wenn es noch an Details mangele. Er gehe in die richtige Richtung, schrieb er in einer am Mittwoch vorliegenden Studie. Zusammenfassend, so resümierte er, habe sich die Plattformstrategie von VW in verschiedenen Regionen dergestalt entwickelt, dass das Unternehmen künftig die Möglichkeit habe, spezifische Lösungen für jeden Markt entwickeln zu können. Später einmal könnte das Geschäft dann wohl auf weniger Architekturen konsolidiert werden und so Skaleneffekte genutzt werden.

Volkswagen Vz. (WKN: 766403)

DER AKTIONÄR bleibt für die VW-Aktie weiterhin skeptisch. Die ID-Modelle sind nett, aber wenig innovativ. Allen voran im wichtigen chinesischen Markt verliert VW immer mehr Marktanteile. Bei den E-Autos kommen die Wolfsburger nur auf einen mittleren einstelligen Prozentsatz. Die Gewinne im Reich der Mitte schmelzen dahin. Zur Erinnerung: Vor wenigen Jahren fuhr VW in China rund 50 Prozent seiner Gewinne ein.
Zusammen mit Xpeng will VW in China Boden gut machen. Bis das erste gemeinsame Modell ausgerollt wird, dauert es allerdings noch bis 2026. Der Deal mit Rivian zeigt, dass VW nach wie vor große Probleme mit seiner Software-Tochter Cariad hat.


(Mit Material von dpa-AFX).


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