Nach ersten Warnstreiks von über 100.000 VW-Mitarbeitern ist die Belegschaft am Mittwoch in Wolfsburg zu einer hitzigen Betriebsversammlung zusammengekommen. Auch Arbeitsminister Hubertus Heil und VW-Vorstands-Chef Oliver Blume sind anwesend. Derweil wird gefordert, die Dividenden auszusetzen – keine guten Aussichten für die Volkswagen-Aktie.
Volkswagen war schon immer ein ganz besonderes Unternehmen. Ex-Konzernchef Herbert Diess sprach einmal vom "System Volkswagen" – an dem er am Ende scheiterte. Geprägt ist das System von einem starken Betriebsrat und dem Land Niedersachsen als wichtigem Anteilseigner. Das Land Niedersachsen ist mit 20 Prozent der Stimmrechte zweitgrößter Anteilseigner nach der Holding der Familien Porsche und Piëch (53 Prozent). Dadurch sitze das Land als "unsichtbarer Dritter" immer mit am Verhandlungstisch. Das Emirat Katar ist ein weiterer Großaktionär.
Am Mittwoch sind Mitarbeiter, Betriebsrat und Vorstand von Volkswagen in Wolfsburg zu einer Betriebsversammlung zusammengekommen. Auf der nicht öffentlichen Versammlung wurde Konzernchef Oliver Blume mit Transparenten und lautstarkem Protest gegen die Sparpläne empfangen. Der VW-CEO will einen Unternehmensbericht vorstellen.
Betriebsratschefin Daniela Cavallo, die zu der Versammlung eingeladen hat, fordert die Konzernführung zu raschen Zugeständnissen auf. "Es ist am Vorstand, wie es hier weitergeht vor Weihnachten." Cavallo warnte vor einem Image-Schaden, der Volkswagen durch den harten Kurs des Managements und den ständigen Verweis auf Negativ-Szenarien drohe. "Der Vorstand beschädigt mit seinem Auftreten unsere Marke", sagte sie. "Ich mache mir ernsthaft Sorgen um die Darstellung unseres Unternehmens durch den Vorstand in der Presse."
Europas größter Autobauer fordert wegen der schwierigen Lage des Konzerns eine Lohnkürzung um zehn Prozent. Zudem stehen Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen Tausender Mitarbeiter im Raum. Als Gastredner ist Bundesarbeitsminister Hubertus Heil gekommen, um zur Belegschaft zu sprechen.
Am Vortag hat der niedersächsische CDU-Landesvorsitzende Sebastian Lechner einen Dividenden-Verzicht der VW-Aktionäre gefordert. Das Land und auch alle anderen Aktionäre sollten "ein, zwei, drei Jahre auf die Dividende verzichten", sagte Lechner. Er stützte die Einschätzung von Ministerpräsident Stephan Weil, dass die Dividende für Niedersachsen nicht oberste Priorität habe. Die Aussetzung der Dividende würde nicht nur Millionen Kleinaktionäre treffen, sondern auch das Land.
Die im DAX enthaltene Vorzugsaktie von Volkswagen gehört dennoch am Mittwoch-Mittag zu den größten Tagesgewinnern im DAX. Der VW-Kurs steigt im Xetra-Handel um zwei Prozent auf 81,94 Euro. Am vergangenen Freitag hatte der Wert bei knapp unter 79 Euro ein Mehrjahres-Tief markiert.
Die Auseinandersetzung zwischen VW-Management, Betriebsrat und Mitarbeitern wird wohl nicht in wenigen Tagen oder Wochen beendet werden. Der Konflikt könnte Monate dauern und dürfte auch das Geschäft von Volkswagen belasten. Die Sparbemühungen müssten womöglich noch verstärkt werden.
All das sind keine guten Aussichten für den Aktienkurs von VW. Der Abwärtstrend seit Anfang April ist intakt, eine entsprechende Linie verläuft oberhalb von 85 Euro. Doch erst wenn auch der GD50 (aktuell bei knapp 88 Euro) überwunden wird, sähe es für die unterkühlte VW-Aktie charttechnisch wieder besser aus. Erst dann sollten längerfristig orientierte Anleger wieder Käufe ins Auge fassen.
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Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen Vz.
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Volkswagen Vz.