Bewertungen von Firmen aus der Food-Delivery-Branche kommen unter Druck. Der Berliner Kochboxen-Anbieter Hellofresh verschob seinen Börsengangs. Dennoch ist der Optimismus weiterhin sehr groß: "Im Moment stehen die Zeichen ganz klar auf Wachstum", so Hellofresh-CEO Dominik Richter im Interview mit Capital. "Wenn ich bedenke, was wir an Leistungen und Services hinzufügen können, glaube ich, dass wir in jedem Land ein hohes Potenzial haben: auf ein Vierfaches des Umsatzes, den wir jetzt haben."
Die von Kritikern als zu hoch eingeschätzte Unternehmensbewertung von 2,6 Milliarden Euro hält Richter wegen des schnellen Wachstums für gerechtfertigt. "Ich sehe keine Blase. Wir stehen noch am Anfang unserer Entwicklung. In zehn Jahren werden wir den Wert von 2,6 Milliarden Euro vervielfachen." Einen Zeitpunkt will der CEO jedoch nicht nennen. "Ein Börsengang wäre gut gewesen, aber wir brauchen ihn nicht unbedingt. Ob wir ihn in sechs, zwölf, 18 Monaten oder in drei Jahren wagen, ist sekundär."
Rocket hält 56 Prozent an Hellofresh. Nach Informationen von Capital stieg der Umsatz des Start-ups von 70 Millionen Euro im Jahr 2014 auf rund 300 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Damit wäre das Unternehmen mit dem 9-fachen des Umsatzes bewertet.
„Shake-Out“
DER AKTIONÄR hat mit Buchautor Thomas Rappold („Silicon Valley Investing“) gesprochen. Die Multiples für solche Firmen würden derzeit „definitiv“ ins Rutschen kommen. „Bei Food Delivery gibt es einfach zu viele Anbieter auf dem Markt und zwar auf allen Märkten, also in den USA, Europa und Asien. Zudem wird zuerst beim Essen und Catering gespart - dementsprechend ist das Business auch konjunktursensitiv. Bei den Food Deliverys gehe ich von einem gnadenlosen Shake-Out aus, ähnlich wie wir es im Dot-Com Bubble 2000 mit e-Commerce erlebt haben.“ Rappold zufolge dürfte die hohe Burn-Rate von Hello Fresh auch der Grund gewesen sein, dass dessen IPO von Rocket Internet nicht in Angriff genommen worden ist. „Aktuell ist das IPO-Fenster zu.“
Neues Interview
Mit solchen Aussagen wachsen die Zweifel, wie nachhaltig der in der Rocket-Internet-Bilanz ausgewiesene Last-Portfolio-Value in Höhe von rund sechs Milliarden Euro ist – Reduzierungen von Beteiligungswerten drohen. Die gute Nachricht: Angesichts einer Marktkapitalisierung von nur noch drei Milliarden Euro hat die Rocket-Aktie schon einiges an negativen Nachrichten eingepreist.
Jetzt hat DER AKTIONÄR mit Joel Kaczmarek, Autor des Buches Die Paten des Internets, gesprochen. Mehr zu Rocket Internet in der neuen Ausgabe.