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Verbio-CEO C. Sauter redet Klartext: "Die Politik hat ein E10-Trauma"

Verbio-CEO C. Sauter redet Klartext:
Foto: Börsenmedien AG
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Michel Doepke 05.02.2017 Michel Doepke

Der Biokraftstoffhersteller Verbio kann auf einen ereignisreichen Jahresstart zurückblicken. Neben der phänomenalen Prognoseerhöhung und einer beschlossenen Rekorddividende von 0,15 Euro je Papier nahm auch die Aktie mächtig Fahrt auf. Doch dies ist erst der Beginn einer Neubewertung. DER AKTIONÄR hat den Vorstandsvorsitzenden von Verbio, Claus Sauter, zu den aktuellen Entwicklungen und Plänen für die Zukunft interviewt.

Herr Sauter, die fundamentale Entwicklung von Verbio spricht Bände. Wo sehen Sie weiteres Wachstumspotenzial?

Claus Sauter: Wir sehen vor allem großes Wachstumspotential beim Thema Biomethan. Biomethan von VERBIO ist der billigste, nachhaltigste, erneuerbare Kohlenwasserstoff. Biomethan und Erdgas ist dasselbe Molekül, was viele Leute nicht wissen. Damit lässt sich Biomethan beliebig mit Erdgas mischen. Putin liefert die blauen, Verbio die grünen Moleküle. Wir haben in den letzten Jahren sehr große Fortschritte im Hinblick auf Rohstoffvariabilität, höhere Ausbeuten, niedrigere Betriebskosten und vor allem geringere Investitionskosten pro MW installierter Leistung erzielt. Verbio ist heute in der Lage Biomethan für die Mobilität billiger anzubieten als Dieselkraftstoff, selbst bei den aktuellen Rohölpreisen. Darüber hinaus liefert unser Biomethan dieselben Treibhausgaswerte, wie wenn der Strom für ein Elektroauto ausschließlich aus Erneuerbaren Quellen kommt. Allein in Deutschland steht ausreichend Stroh zur Verfügung, um mehr als fünf Millionen Fahrzeuge zu versorgen. Global steht Biomasse für mehr als 100 Millionen Fahrzeuge zur Verfügung. Wichtig ist es, die Investitionskosten zu reduzieren und die Effizienz zu erhöhen. Warum soll man in Zukunft noch mit importiertem, fossilem Diesel fahren, wenn es billiger mit nachhaltigem, lokal erzeugtem Biomethan möglich ist? Aber auch bei Biodiesel sehen wir noch großes Potential, besonders durch die Gewinnung von hochwertigen Koppelprodukten, die eine höhere Wertschöpfung generieren. Verbio nicht nur Biospritproduzent, sondern auch ein Technologieunternehmen. Sieh sehen, das Potential ist riesengroß und Verbio ist ganz vorne mit dabei.

Der Cash-Bestand soll zum Ende des Geschäftsjahres auf 120 Millionen Euro anwachsen. Sind weitere Anlagen geplant?

Claus Sauter: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Wir haben zwar ausreichend finanziellen Spielraum, aber das Geld ist hart verdient und deshalb wollen wir es nicht leichtfertig riskieren. Wir sind bislang ein rein deutsches Unternehmen und im deutschen Markt kennen wir uns aus. Wenn wir jetzt in andere Märkte vordringen, dann agieren wir sehr vorsichtig. Wir müssen andere Märkte erst einmal verstehen lernen, denn für ein funktionierendes Projekt im Ausland braucht es mehr als nur Stroh und unsere Technologie. Wir haben uns die letzten Jahre mit Investitionen und neuen Projekten sehr zurückgehalten und fangen jetzt langsam wieder an. Nach wie vor ist ja immer noch so, dass die Bundesregierung und die EU beim Thema Biokraftstoffe immer noch nicht wissen, was sie wollen. Auf der einen Seite soll nicht mehr so viel konventioneller Biokraftstoff der 1. Generation verwendet werden, auf der anderen Seite will man aber auch keine gesetzliche Verpflichtung für fortschrittliche Biokraftstoffe der 2. Generation treffen. Die Politik hat ein „E10-Trauma“ und beim Thema Biokraftstoffe verkriechen die sich alle in ihren Büros. Ausschlaggebend für Pinnow war das neue EEG. Zukünftig wird es keine festen Einspeisvergütungen mehr für Strom aus Biomasse geben, sondern es gibt Ausschreibungsverfahren, wo der günstigste Anbieter den Zuschlag bekommt. Und wir sind die günstigsten Anbieter! Wir müssen also nicht unbedingt mit unserem Biomethan an die Tankstelle, sondern können es auch im Rahmen des EEGs verstromen. Damit haben wir mehrere Absatzmöglichkeiten und praktisch kein Risiko für dieses Projekt. Volkswirtschaftlich ist die Verstromung allerdings großer Blödsinn, denn Biomethan gehört als Kraftstoff direkt ins Auto oder in den LKW. Aber die Bundesregierung ist zu 100 Prozent nur auf Strom eingeschossen und sieht gar nicht, dass Biomethan als Biokraftstoff im Speziellen viel billiger wäre. Aber ich habe es aufgegeben, die umweltpolitischen Extremisten in den Ministerien aufklären zu wollen.

Sie planen eine Anlage in Indien. Kann die Strohtechnologie von Verbio die Energieversorgung und den Umweltschutz in Staaten wie Indien verbessern?

Claus Sauter: Indien ist für uns eine große Herausforderung. Die Voraussetzungen sind vielversprechend. Es stehen gewaltige Ressourcen an Reststoffen für Biomethan zur Verfügung, die gegenwärtig einfach auf den Feldern verbrannt werden. Die Bilder vom Smog in Delhi oder Bangalore kommen zum größten Teil von der landwirtschaftlichen Biomasseverbrennung. Ich habe Satellitenaufnahmen der NASA gesehen, wo aus dem Norden Indiens über 2.000 Kilometer weit der Rauch nach Delhi zieht und die Luft verpestet. Unsere Technologie kann dazu beitragen, dieses Problem zu lösen und gleichzeitig saubere, preisgünstige Energie zu gewinnen. Der strategische Ansatz in Asien unterscheidet sich ganz wesentlich vom europäischen. In Indien erkranken die Menschen durch den Rauch und Smog aus der Biomasseverbrennung. Die Regierung muss etwas unternehmen, dass dieses Problem gelöst wird.  Einer der Hauptgründe, warum wir dieses Projekt wagen, ist die Tatsache, dass wir die Nase voll haben von dem Hin und Her in Europa. Brüssel und Berlin wissen doch selber nicht, was sie beim Thema Dekarbonisierung im Verkehrsberiech eigentlich wollen. Durch das ständige Ändern des regulatorischen Rahmens seit 2006 wurde im Biokraftstoffbereich ein beispielloses Blutbad angerichtet. Zahllose Firmen sind pleite gegangen. Die eigentliche Leistung von Verbio ist nicht, dass wir wieder Geld verdienen, sondern dass wir dieses Massaker überlebt haben.

Neubewertung in vollem Gange

Trotz der starken Kursentwicklung der Verbio-Aktie in den vergangenen Monaten traut DER AKTIONÄR dem Titel einen weiteren Kursanstieg zu. Die aktuellen Rahmenbedingungen beleben das Geschäft von Verbio weiter. Investierte Anleger bleiben dabei. Neueinsteiger sollten größere Rücksetzer zum Einstieg nutzen. Kursziel: 15,00 Euro.

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