Langsam, aber stetig arbeitet sich der Kurs der Unilever-Aktie vom vor knapp einem Jahr erreichten Korrekturtief nach oben. Daran hat bislang auch die Aussicht auf geringeres Wachstum im laufenden Jahr nichts geändert. Analysten aber ziemlich gespalten bei der Frage, ob Unilever derzeit ein Kauf ist oder nicht.
Der Konsumgüterkonzern rechnet auch im neuen Geschäftsjahr wegen der anziehenden Preise mit Zurückhaltung der Kunden. Das Management richtet sich auf geringeres Umsatzwachstum ein. 2023 dürfte das Erlöswachstum organisch mindestens die obere Hälfte der Spanne von drei bis fünf Prozent erreichen. Das hatte der Hersteller von Produkten wie Langnese-Eiscreme und Dove-Seife am vorletzten Donnerstag mitgeteilt. Im abgelaufenen Geschäftsjahr war das Umsatzwachstum allerdings noch mehr als doppelt so hoch.
Weniger Verkäufe, höhere Preise
2022 konnte Unilever seine Erlöse bereinigt um Wechselkurseffekte sowie Zu- und Verkäufe um neun Prozent steigern – und damit die eigenen Erwartungen erfüllen. Der Konzern hatte im Herbst seine Prognose auf mehr als acht Prozent angehoben. Einzelne Sparten ragten dabei nicht nennenswert heraus. Unilever profitierte vor allem von deutlichen Preissteigerungen, mit denen das Unternehmen Rückgänge bei den Verkaufsvolumina ausgleichen konnte. Zugleich machten dem Konzern aber nach eigenen Angaben steigende Materialkosten zu schaffen, was sich auch im neuen Geschäftsjahr fortsetzen dürfte.
Lebensmittelkonzerne stehen wegen der Inflation unter Druck, höhere Kosten weiterzureichen und die Preise anzuheben. Teils wird den Konzernen aber auch vorgeworfen, die Inflation nur als Vorwand für Erhöhungen zu nutzen.
Unilever erwartet, dass die Verkaufsvolumen 2023 zunächst weiter zurückgehen. Ob sie sich im zweiten Halbjahr erholen, sei ungewiss, so der Konzern. Die operative Marge soll sich im neuen Geschäftsjahr nur gering verbessern, da der Konzern im Zuge seines laufenden Umbaus weitere hohe Investitionen plant. 2022 war sie mit rund 16 Prozent so schwach wie seit mindestens sieben Jahren nicht mehr ausgefallen.
Die neuen Kursziele für die Unilever-Aktie
Nach dem Unilever-Ausblick sind die Reaktion gemischt ausgefallen. Goldman Sachs hat die Aktie nach dem angekündigten Verkauf der Marke Suave an Yellow Wood Partners in Nordamerika jüngst auf „Halten“ mit einem Kursziel von 4.400 Pence belassen. Der Bereich sei Teil des Körperpflege-Segments mit dem Schwerpunkt Haarpflege und mache nur etwa ein Prozent des Konzernumsatzes aus, hieß es. Der Verkauf sei Teil der kontinuierlichen Bemühungen des Managements, leistungsschwache Marken aus seinem Portfolio zu entfernen. Das vierte Quartal sei relativ solide ausgefallen. Der Ausblick lasse eine Erholung der Bruttomarge und höhere Investitionen im Vermarktungsbereich erwarten.
Das Analysehaus Jefferies ist nach den Quartalszahlen bei seiner Kaufempfehlung für die Unilever-Aktie geblieben, hat aber das Kursziel von 4.850 auf 4.650 Pence gesenkt. Grund für die Reduzierung waren gesunkene Erwartungen an Marge und Ergebnis je Aktie. Bezüglich des Umsatzwachstums stieg die Zuversicht aber – was wohl Ausdruck von relativ geringen Erwartungen zuvor war.
Die Deutsche Bank hob das Kursziel von 4.400 auf 4.600 Pence an und blieb beim Urteil: „Kaufen“. Angesichts der Stärke des Dollars und der Abhängigkeit von der US-Währung sei der Lebensmittelkonzern derzeit gut positioniert, um Vorteile aus der Entwicklung zu ziehen. Credit Suisse sagte ebenfalls „Kaufen“ und blieb beim Kursziel 4.800 Pence für die Unilever-Aktie. Bereinigtes Umsatzwachstum und Gewinn je Aktie hätten die Erwartungen leicht übertroffen.
Bei Bernstein hieß es hingegen: Ein guter Plan allein genügt nicht. Noch sei dem Unternehmen kein Kurswechsel gelungen („Verkaufen, Kursziel: 3.500 Pence). Auch UBS blieb bei „Verkaufen“ (Ziel: 3.050 Pence). Die Umsatzsteigerung sei zwar stärker als erwartet ausgefallen, aber der Ausblick mäßig. Auch von JPMorgan gab es nur eine Verkaufsempfehlung (Ziel: 3.900 Pence). Die Zahlen seien erwartungsgemäß ausgefallen, beim Ausblick für 2023 gäbe es aber Risiken. Die Gewinnschätzung wurde aufgrund negativer Währungseffekte gekürzt. Langsamere Margenerholung und Finanzierungskosten fielen ebenfalls negativ ins Gewicht.
Berenberg waren die jüngsten Zahlen und der Ausblick hingegen eine Kaufempfehlung mit Ziel 5.120 Pence (vorher: 5.190) wert. Die Gewinnschätzung wurde leicht nach unten angepasst, aber die Aussagen des Managements zu den kurzfristigen Aussichten seien beruhigend, hieß es.
Ungeachtet der kurzfristigen Uneinigkeit der Analysten: Grundsätzlich bleibt Unilever ein Basisinvestment im Lebensmittelbereich. Der Konzern ist ein ordentlicher Dividendenzahler und sollte sich in so ziemlich jedem Umfeld mehr oder weniger solide behaupten können.
(mit Material von dpa-AFX)
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren: Unilever.