Der weltgrößte Reisekonzern TUI geht die Rückzahlung der verbliebenen Staatshilfen aus der Corona-Krise an. Mit frischem Geld von Anteilseignern will der Konzern bis Ende 2023 die gewährten Hilfsgelder des Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) zurückzahlen, mit denen der deutsche Staat ihn angesichts des Geschäftseinbruchs infolge der Pandemie vor dem Untergang gerettet hatte.
Dabei geht es den Angaben zufolge um mindestens 730 Millionen Euro plus Zinsen. Das nötige Geld will der Konzern mit der Ausgabe neuer Aktien zusammenbekommen. Die TUI-Aktie reagierte am Abend leicht negativ auf die Nachrichten. Im nachbörslichen Handel auf der Plattform Tradegate verlor das Papier im Vergleich zum Xetra-Schlusskurs zuletzt rund ein halbes Prozent an Wert.
Für die Rückzahlung hat die TUI-Führung eine neue Vereinbarung mit dem WSF geschlossen. Dabei geht es um eine Stille Einlage und eine Optionsanleihe, mit der der Fonds den Konzern gestützt hatte. Im Zuge der neuen Vereinbarung verzichtet der WSF den Angaben zufolge bis Ende 2023 auch auf das Recht, die Stille Einlage in neue TUI-Aktien zu wandeln und damit selbst Großaktionär des Konzerns zu werden. Zudem will TUI die Kreditlinien der Staatsbank KfW reduzieren, die sich den Angaben zufolge derzeit auf 2,1 Milliarden Euro belaufen.
„Zügige Rückführung der Staatshilfen war immer unser Ziel“, sagte der neue Vorstandschef Sebastian Ebel, der die Konzernführung Anfang Oktober vom langjährigen TUI-Chef Fritz Joussen übernommen hatte. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für die Rückzahlung gekommen. „Die TUI ist stabil und auf dem Weg zurück zu nachhaltigem, profitablem Wachstum.“
Der Sommer 2022 sei stark gewesen, und der Umbau des Konzerns zahle sich mehr und mehr aus, sagte Ebel. „Das spiegelt sich auch in unseren Zahlen wider.“ Zwar habe der Konzern noch einen herausfordernden Weg vor sich. „Aber unsere Strategie, unser zukunftssicheres Geschäftsmodell, der Neustart des Tourismus und vielversprechende Kunden- und Reisetrends stimmen uns zuversichtlich für unseren Weg zurück zur Normalität.“
Damit die Rückzahlung der Staatshilfen wie geplant gelingt, müssen noch die Aktionäre und die EU-Kommission zustimmen. Die Anteilseigner sollen auf der Hauptversammlung im Februar 2023 zunächst einer Kapitalherabsetzung von knapp 1,8 Milliarden auf nur noch 179 Millionen Euro zustimmen. Der Herabsetzungsbetrag von rund 1,6 Milliarden Euro soll in die Kapitalrücklage der Gesellschaft eingestellt und nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden.
In diesem Zuge sollen die Tui-Aktien im Verhältnis zehn zu eins zusammengelegt werden - sprich: Wer vorher zehn Aktien besitzt, hat danach nur noch eine. Dadurch soll der Unterschied zwischen dem erwarteten Börsenkurs nach der Aktienzusammenlegung und dem geringsten Ausgabebetrag in Höhe des Nominalwerts von einem Euro deutlich vergrößert werden. Dies ermögliche Kapitalerhöhungen zu marktüblichen Konditionen, hieß es. „Ich bitte unsere Aktionärinnen und Aktionäre, diesem Weg und dem Fahrplan zur Umsetzung zuzustimmen“, sagte Ebel.
Der ebenfalls neue Finanzvorstand Mathias Kiep sieht in dem Vorhaben die Chance, die Verschuldung des Konzerns zu senken. „Mit einer so möglichen vollständigen Rückzahlung der WSF-Hilfen und der Reduzierung der KfW-Kreditlinien stärken wir unsere Bilanz, wir profitieren von geringeren Zinszahlungen und wir gewinnen weitere finanzielle und unternehmerische Flexibilität bei der Umsetzung unserer Strategie für künftiges profitables Wachstum“, sagte der Manager.
DER AKTIONÄR hat zuletzt geraten, bei TUI am Seitenrand zu bleiben. Diese Strategie hat sich bislang ausgezahlt. Wenn weitere Details zu der Kapitalmaßnahme bekannt sind, findet auch eine Neubewertung der Situation statt.