Die Inflation in der Türkei ist im Mai leicht gesunken. Die Jahresteuerung lag nach offiziellen Angaben bei 39,6 Prozent nach 43,7 Prozent im April. Die türkische Währung Lira rutschte derweil weiter ab. Sowohl gegenüber dem US-Dollar als auch zum Euro wurden neue historische Tiefststände markiert. Für Touristen ist die Türkei dennoch nicht billig.
Die Nominierung von Mehmet Simsek zum türkischen Finanzminister kann die Talfahrt der Landeswährung vorerst nicht stoppen. Gleichzeitig stiegen Dollar und Euro am Montag um jeweils mehr als ein Prozent. Mit 21,26 beziehungsweise 22,95 Lira markierten sie jeweils ein Rekordhoch.
Simsek, der bereits 2009 und 2018 Finanzminister war, hatte am Wochenende die Rückkehr seines Landes zu "rationalen Grundlagen" in der Wirtschafts- und Finanzpolitik angekündigt. "Eine regelbasierte, berechenbare türkische Wirtschaft wird der Schlüssel zur Erreichung des angestrebten Wohlstands sein", zitiert Reuters Simsek. Hauptziele seien die Einführung von Haushaltsdisziplin und die Gewährleistung von Preisstabilität für ein nachhaltiges, hohes Wachstum. Medienberichten zufolge will Simsek die Zinsen innerhalb der kommenden 18 Monate auf 25 Prozent anheben.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte in den vergangenen Jahren mehrere Finanzminister und Notenbank-Chefs gefeuert, um seine Wirtschafts- und Geldpolitik durchzusetzen. Erdogan ist ein selbst ernannter "Zinsfeind" und will entgegen der Wirtschaftstheorie mit billigem Geld die Wirtschaft ankurbeln. Weil dadurch aber der Kurs der Lira verfällt, verteuern sich Importe und heizen die Inflation an.
Die schwache Lira sollte die Türkei doch für Reisende attraktiv machen, sollte man meinen. Doch die Türkei ist aktuell nicht billig, schreibt die WirtschaftsWoche. "Ich habe Istanbul noch nie so teuer erlebt", sagt etwa Süleyman, ein Deutsch-Türke, der regelmäßig in der Stadt ist.
Auch andere Türkei-Touristen wundern sich über die ungewohnt hohen Preise. Ein Abendessen zu zweit mit einer Flasche Wein kostet in Istanbul derzeit kaum weniger als in Düsseldorf oder Berlin. Die Preise im Land am Bosperus steigen schneller als die Lira fällt.
Unterdessen boomt der Tourismus – die wichtigste Devisenquelle der Türkei. Unbeeindruckt von den jüngsten politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen könnte in diesem Jahr sogar ein neuer Spitzenwert erreicht werden. Wichtiger für die türkische Wirtschaft wäre indes ein größerer Zufluss ausländischen Kapitals von Unternehmen und Investoren. Doch das bleibt bei den verhältnismäßig niedrigen Zinsen weiterhin fern.
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