Die Verzögerungen bei den Impfungen gegen das Coronavirus sowie die Mutationen sorgen in der Luftfahrtbranche für lange Gesichter. Die erhoffte schnelle Besserung der Corona-Lage und des Flugverkehrs lässt auf sich warten. Der britische Triebwerkshersteller Rolls-Royce gibt entsprechend magere Geschäftsaussichten. Der im DAX notierte Konkurrent MTU Aero Engines könnte hingegen profitieren.
Rolls-Royce ist nun pessimistischer gestimmt. Die Unsicherheiten über die Auswirkungen ansteckenderer Corona-Mutanten auf den Flugverkehr lassen die Briten ihre Prognosen nach unten anpassen.
Die Fortschritte bei den Corona-Impfungen seien mittelfristig zwar positiv für den Flugverkehr, die aktuell erweiterten Beschränkungen verzögerten jedoch die Erholung bei Langstreckenflügen in den kommenden Monaten im Gegensatz zu früheren Erwartungen. Das werde die Kunden sowie die Luftfahrt-Industrie insgesamt finanziell weiter unter Druck setzen und damit auch Auswirkungen auf den Geldfluss bei Rolls-Royce haben.
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Für 2021 rechnet der Vorstand mit einem Abfluss freier Barmittel (Free Cash Outflow) um die zwei Milliarden britische Pfund (etwa 2,25 Milliarden Euro). Dabei geht der Triebwerkshersteller vor allem von Belastungen in den ersten sechs Monaten aus.
Der Konzern hofft weiterhin, in der zweiten Jahreshälfte einen Liquiditätszufluss erzielen zu können. Mit einer Liquidität von neun Milliarden Pfund Ende 2020 sieht sich Rolls-Royce trotz der kurzfristig schwierigeren Marktbedingungen zudem gut gerüstet.
Die Geschäfte im Dezember hätten sich über alle Bereiche hinweg weitgehend erwartungsgemäß entwickelt, hieß es aus dem Unternehmen. Das Restrukturierungsprogramm komme voran. Die Einsparungen hätten im Jahr mehr als eine Milliarde Pfund erreicht. 7.000 Stellen seien gestrichen worden, bis Ende 2022 sollen es mindestens 9.000 werden. Die konkreten Ergebnisse für 2020 will der Konzern am 11. März bekanntgeben.
Die Rolls-Royce-Aktie reagierte heute dennoch "not amused". Im Londoner Handel fiel der Kurs am Vormittag bis auf 87 Britische Pence. Zuletzt erholte sich der Wert wieder ein wenig auf 96,20 Pence.
Die im DAX notierte Aktie des Münchner Triebwerksbauer MTU reagierte auf die negativen Aussichten des britischen Konkurrenten ungewöhnlich stabil. Zeitweise legt die MTU-Aktie um über drei Prozent auf 200,50 Euro zu. Die jüngsten Entwicklungen in der Corona-Krise hatte auch die MTU-Aktie von gut 220 Dollar zuletzt wieder gedrückt.
MTU könnte aus der Krise des britischen Konkurrenten gestärkt hervorgehen. Man hat kürzlich ein Übernahmeangebot für die spanische Rolls-Royce-Tochter ITP Aero abgegeben. Auch mehrere Finanzinvestoren wie Carlyle, CVC Capital Partners und KKR sowie ein Konsortium aus Towerbrook und Onex seien an ITP interessiert, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg vor einer Woche und berief sich dabei auf mit der Sache vertraute Personen.
Ein MTU-Sprecher wollte sich zu einem möglichen Gebot nicht äußern. Sein Unternehmen konzentriere sich auf Wachstum aus eigener Kraft, beobachte aber die Lage bei ITP. Ein Rolls-Royce-Sprecher lehnte auf Nachfrage von Bloomberg eine Stellungnahme ab.
Der Verkauf könnte Rolls-Royce bis zu zwei Milliarden britische Pfund (2,2 Milliarden Euro) in die Kassen spülen. Die Folgen der Pandemie und Probleme mit einem wichtigen Triebwerkstyp haben Rolls-Royce in eine finanzielle Schieflage gebracht.
MTU arbeitet derzeit bereits mit ITP zusammen - unter anderem bei den Antrieben für den Airbus-Mittelstreckenjet A320neo, den Militärtransporter A400M und den Kampfjet Eurofighter. Auch an dem Antrieb für das neue Luftkampfsystem FCAS sind sowohl MTU als auch ITP beteiligt. (Mit Material von dpa-AFX)
Auch wenn MTU von der Misere des britischen Konkurrenten Rolls-Royce zu einem gewissen Maß profitieren dürfte, bleiben beide Triebwerksbauer angesichts der coronabedingten Beschränkungen des Luftverkehrs nur langfristig interessant. DER AKTIONÄR hält MTU auf seiner Beobachtungsliste.
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