Ein Monster aus Metall. In alten Science-Fiction-Filmen schießen gigantische blecherne Roboter rote Laserstrahlen aus ihren Augen und zertreten Menschen. Der Ruf der eisernen Automaten blieb lange schlecht: Zwar trachten moderne Industrieroboter nicht mehr nach der Vernichtung der Menschheit, aber – so das lange gültige Vorurteil – nach deren Arbeitsplätzen.
Nach und nach wandelt sich das Image. Die orangen Industrieroboter von KUKA montieren für BMW, Daimler oder Ford seit Jahrzehnten die Rohkarossen – und haben damit maßgeblich dazu beigetragen, die deutsche Autoindustrie wettbewerbsfähig zu machen. Letztlich wurden und werden durch die Automatisierung viele Arbeitsplätze gerettet – und die gefertigten Produkte bleiben für Konsumenten erschwinglich.
Fast wie zur Aussöhnung reißt KUKA nun die Mauer zwischen Maschine und Mensch ein. Bisher mussten die über mindestens drei bewegliche Achsen verfügenden Schwergewichte ihre Arbeit hinter hohen Schutzzäunen verrichten. Doch KUKA geht mit der Vorstellung des Leichtbauroboters iiwa ganz neue Wege. Es gibt keinen Zaun mehr, iiwa wird zum Partner des Menschen und kann von ihm flexibel dirigiert werden. Dank Sensoren kann er sich auch an Objekte herantasten und selbstständig auf Veränderungen reagieren. Finanzvorstand Peter Mohnen verspricht sich davon sehr viel: „Er eröffnet ganz neue Einsatzmöglichkeiten. Der iiwa ist quasi der dritte Arm eines Arbeiters. Mit einigen Pilotkunden haben wir bereits Anwendungsmöglichkeiten erprobt. Das Feedback bisher ist sehr gut. Auf lange Sicht ist dieser Roboter äußerst wichtig.“
Potenzial haben kleinere Roboter etwa in der Endmontage in Autowerken – bisher müssen hier noch primär Arbeiter ran. Aber auch kleine Displays für Smartphones oder Tablets kann KUKAs neues Baby zuverlässig und präzise montieren. Auf Messen wurde iiwa sogar als Assistenz in der Chirurgie bei Knieoperationen präsentiert.
Arbeitstier Agilus
Während der Mini-Roboter iiwa erst nach und nach zum Erfolg werden dürfte, ist der etwas größere Agilus bereits zum Verkaufsschlager avanciert. Der 2012 vorgestellte Agilus ist die erfolgreichste Produkteinführung von KUKA der jüngeren Vergangenheit. Der nur 52 kg schwere Roboter kann bis zu 6 kg heben und wird zur Montage, Lackierung, Verpackung oder Prüfung eingesetzt.
Vorreiter im Einsatz von Robotern war die Autoindustrie. Auch wenn sich KUKA in anderen Industrien wie dem Flugzeugbau etabliert – noch erzielen die Augsburger rund zwei Drittel ihrer Umsätze mit Automobilherstellern. Insbesondere beim Schweißen setzen Daimler, BMW und Co auf eine kleine Roboter-Armee.
Alleine bei der Fertigung der Mercedes-A-Klasse stehen 330 KUKA-Roboter am Fließband, um pro Auto 3.900 Schweißpunkte an 290 verschiedenen Blechteilen zu setzen.
DAF-Interview (08/2014)
Roboter-Boom in China
Was die Roboter bei Managern so beliebt macht: Nach einer Lohnerhöhung hat bislang noch keiner gefragt. Dies wird auch in China zum Thema. Denn hier steigen die Kosten pro Arbeiter Jahr für Jahr mit rund zehn Prozent. Nicht nur weil die Arbeit an sich zunimmt – westliche Firmen wie BMW, Daimler oder Apple investieren direkt und indirekt massiv in weitere Werke –, sondern weil zugleich die Anzahl der arbeitenden Chinesen rückläufig ist. Die 1979 gestartete Ein-Kind-Politik führt seit 2012 zu einem Rückgang der 19- bis 59-Jährigen. Um weiterhin effizient Produkte für die ganze Welt bauen zu können, ohne dass Kinder oder Greise ans Fließband müssen, gibt es nur einen Ausweg: Roboter.
Im März hatte KUKA – begleitet von einem Tischtennis-Duell zwischen einem Agilus und Timo Boll – eine Roboter-Fabrik in Schanghai eingeweiht. 350 Menschen produzieren hier Hand in Hand mit Robotern bis zu 5.000 neue Roboter pro Jahr. Deren Aufgabe: in Asien Autos oder Möbel bauen. KUKA-China-Chef Kong Bing: „Die Nachfrage nach Automationslösungen mit Robotern ist riesig.“
Siemens: Was läuft da?
Immer wieder einmal taucht das Gerücht auf, KUKA könnte zum Übernahmeziel werden. Als möglicher Interessent ist auch der Name Siemens gefallen. Komplett abwegig wäre ein solcher Schritt nicht – schließlich kennt man sich sehr gut. Siemens ist Kunde von KUKA und bezieht Roboter für seine Medizinsparte. Umgekehrt kauft KUKA Motoren von Siemens zum Antrieb der Roboter. Darüber hinaus kooperieren beide Firmen im Werkzeugmaschinenbau. Hier werden KUKA-Roboter in ein Siemens-System zur Steuerung von Werkzeugmaschinen integriert.
Siemens setzt den Leichtbauroboter iiwa bereits ein – etwa für Prüfaufgaben in der Produktion von Elektromotoren. Spekulationen über eine weitere Annäherung von Siemens und KUKA wollte Finanzvorstand Peter Mohnen freilich nicht kommentieren. Die operative Entwicklung liefert ohnehin genügend Kaufargumente für die Aktie.
Ausblick angehoben
KUKA legte für das erste Halbjahr 2014 überraschend gute Zahlen vor. Der Umsatz verbesserte sich um elf Prozent auf 970 Millionen Euro und das EBIT um sieben Prozent auf 61 Millionen Euro. Der Auftragseingang lag im ersten Halbjahr um 18 Prozent höher als im Vorjahr und war isoliert betrachtet im zweiten Quartal immerhin noch neun Prozent stärker. Grund genug für den Roboterbauer, den Ausblick anzuheben. Der Umsatz soll 2014 nun um zehn Prozent auf zwei Milliarden Euro zulegen und die EBIT-Marge bei 6,5 Prozent (zuvor 6,0 Prozent) liegen.
Die robuste Entwicklung kann auch eine Krise in Osteuropa und Russland nicht aufhalten. KUKA erzielt in Russland lediglich ein Prozent des Umsatzes. Diese Krise ist Mohnen zufolge kein großes Thema.
Die Wachstumsstory von KUKA dürfte sich die nächsten Jahre fortsetzen. Neben immer neuen Investitionen der bestehenden KUKA-Großkunden in moderne Fabriken in allen Teilen der Welt dürften neue Partner hinzukommen. „Wir richten uns stärker auf Industriekunden aus“, so Mohnen, der auch Potenzial darin sieht, die Roboter durch neue Softwarelösungen noch intelligenter zu machen.
Gewinnmaschine Roboter
Roboter sind die Zukunft. Und das ist auch gut so – vor allem für Investoren. KUKA wird den Überschuss 2015 um 35 Prozent steigern, womit das KGV auf moderate 17 sinkt. Das Kaufsignal („Roboter schlägt Mensch“) hat sich bestätigt, der kurzfristige Aufwärtstrend ist voll intakt. Es ist eine gute Idee, sich zurückzulehnen, Aktien zu kaufen – und sein Geld und die orangen Roboter für sich arbeiten zu lassen.
Dieser Artikel ist in der AKTIONÄR-Ausgabe 35/2014 in der Rubrik „Top-Tipp Konservativ“ erschienen.