Protest, Produktionsstillstand, Probleme am Markt: Tesla kämpft in diesem Jahr in Deutschland gegen wachsende Widerstände. Das Unternehmen hält an den Ausbauplänen für seine einzige europäische Fabrik in Grünheide bei Berlin fest. Aber wegen der schwierigen Marktlage ist der Zeitplan völlig offen.
"Wir gehen fest davon aus, dass der Markt wieder anziehen wird. Es ist sicherlich eine Frage wie schnell und wann", sagte Werksleiter André Thierig der Deutschen Presse-Agentur. Aber er betonte: "Wir werden nicht mehrere Milliarden für den Ausbau der Fabrik in die Hand nehmen, ohne dass die Signale ganz klar sind, dass das vom Markt auch abgefragt wird."
Der Tesla-Werksleiter macht damit nicht nur deutlich, dass der Bau einer weiteren Fabrik mehrere Milliarden Euro kosten würde, sondern nennt auch die Bedingung dafür. "Wir können aufs Gas treten, wenn wir merken, dass wir es brauchen", sagte Thierig, der seit fast 25 Jahren in der Automobilindustrie arbeitet. "Wir produzieren nach wie vor fünf Tage in der Woche dreischichtig und könnten jederzeit wieder hochlaufen."
Deutlich weniger E-Autos neu zugelassen
Der Elektroautomarkt steckt in der Flaute. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres lag die Zahl der Neuzulassungen in Deutschland im Elektrobereich bei 184.125, darunter 21.249 Mal Tesla, wie aus Zahlen des Kraftfahrtbundesamts hervorgeht. Im Vorjahreszeitraum sah es besser aus: Damals wurden 220.244 E-Fahrzeuge zugelassen, darunter 36.384 Teslas.
Das von Tech-Milliardär Elon Musk geführte Unternehmen schloss das zweite Quartal in Folge weltweit mit Gewinnrückgang ab. Der zuvor geplante Stellenabbau bei Tesla hatte auch Folgen für Grünheide: "Unsere Planung Anfang des Jahres prognostizierte ein deutlich stärkeres Wachstum, das sich nicht eingestellt hat", sagte Thierig. "Wir haben die 400 Arbeitsplätze recht schnell und geräuschlos mit einem attraktiven Abfindungsprogramm abgebaut."
Als positives Signal verweist er auf die Produktion für die Britischen Inseln. "Dadurch, dass wir jetzt auch den Rechtslenker-Markt in Großbritannien und Irland aus Berlin heraus bedienen, haben wir aber einen größeren Absatzmarkt, auf den wir direkt zugreifen."
Antrag auf Genehmigung für den Ausbau in Stufen
In Grünheide in Brandenburg stellt Tesla seit mehr als zwei Jahren Elektroautos her. Dort arbeiten nach Unternehmensangaben knapp 12.000 Beschäftigte. Der Autobauer will die Produktion von hochgerechnet über 250.000 Autos im Jahr perspektivisch auf eine Million Fahrzeuge im Jahr hochfahren.
Der erste Antrag auf umweltrechtliche Genehmigung beim Land Brandenburg zum Ausbau ist gestellt, verzögert sich aber. Dabei geht es zunächst nur um Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden - dafür erteilte das Landesumweltamt eine vorläufige Genehmigung.
Morgan Stanley "bullish" - Cantor Fitzgerald "neutral"
Zuletzt äußerte sich Morgan Stanleys Autoanalyst Adam Jonas extrem optimistisch zur die Aktie des Elektroauto-Herstellers. Tesla sei „starken aufstrebenden Treibern“ im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz und zukünftiger Energienachfrage ausgesetzt, so dass die Aktie laut Morgan Stanley die beste Wette innerhalb der Autoindustrie darstellt. „Wir sind der Meinung, dass Tesla in dem Maße, in dem mehr ältere Hersteller ihre EV-Pläne zurückziehen, in Kombination mit immer strengeren Umwelt-Standards, eine noch dominantere Position auf dem Markt für äußerst lukrative ZEV-Gutschriften erlangen könnte“, so Jonas in einer Kundennotiz. Sein Kursziel für die Aktie lautet 310 Dollar.
Cantor Fitzgerald dagegen blieb bei der neutralen Bewertung des Elektroautoherstellers von Elon Musk, ist aber optimistisch, was die Initiativen des Unternehmens zum autonomen Fahren betrifft. „Wir glauben, dass Tesla von den zukünftigen Vorteilen seiner Full Self-Driving (FSD)-Software (plus dem kommenden Robotaxi-Segment), der Einführung von preisgünstigeren Modellen, einer globalen Produktionsbasis mit Skaleneffekten und der größten Ladeinfrastruktur der Branche, profitieren wird“, so die Auto-Experten von Cantor Fitzgerald.
Dass sich der Ausbau in der Gigafactory Berlin verzögern könnte ist nicht gut, aber für die Bewertung der Aktie und der Zukunftsaussichten kein Beinbruch. Die Story bleibt intakt: Tesla muss als eine Kombination aus Auto-, Robotik-, KI- und Energieunternehmen angesehen werden. Der Autoanteil an der gesamten Marktkapitalisierung wird in Zukunft immer kleiner werden. Die Robotik-Fortschritte mit dem "Optimus" sind beeindruckend. Der frühe Fokus auf den Bereich der Energiespeicher trägt endlich Früchte. Es werden jedoch noch mehrere Jahre vergehen, bis Robo-Taxis relevante Umsätze und Gewinne erzielen werden. Im aktuellen Kurs mit einem KGV und einem KUV von 5,0 für 2025 ist bereits viel Zukunftsmusik bei Tesla eingepreist. Ein Börsenwert von 626 Milliarden Euro ist extrem sportlich, während andere Auto-Hersteller wie BYD (84 Milliarden Euro) oder Volkswagen (55 Milliarden Euro) weitaus günstiger bewertet sind. Wer an Musks Vision glaubt und investiert ist, bleibt dabei.
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