Brisanter Artikel über Tesla. Die New Yorker Times (NYT) schreibt nach Kontakt zu mehreren Tesla-Insidern, dass der Autohersteller die Sicherheit des sogenannten Autopiloten untergraben haben könnte, um die Vision von Elon Musk zu verwirklichen. Musk setzt auf „billige und kleine“ Kameras statt teurer Lidar-Laser. Sein Argument: Der Mensch fahre auch mit Augen. Doch Schuyler Cullen von Samsung wird zitiert: „Kameras sind keine Augen! Pixel sind keine Netzhaut!“
Jüngst hatte dem AKTIONÄR gegenüber bereits Experte Prof. Lienkamp gesagt, dass es Tesla nicht über Level 2 schaffe. Doch es wird durchaus der Eindruck erweckt, dass die Autos ohne Eingriff des Menschen perfekt autonom über die Straßen gleiten. Die NYT verweist etwa auf ein Video auf der Tesla-Webseite, das Autopilot-Funktionen zeigen soll. Was dort fehlt: Der Zeitung zufolge war der Tesla im Jahr 2016 mit einer Straßenbegrenzung auf dem Tesla-Gelände kollidiert und musste repariert werden. Auch hätte es vordefinierte Karten für die Route des Autos gegeben. Als Quelle werden drei Insider genannt, die aus Angst vor Elon Musk anonym bleiben wollen.
„Copilot“ überstimmt
Interessant: Schon bei der Benennung des Systems hätten einige Ingenieure den Begriff „Copilot“ passender gefunden, doch die verantwortlichen Manager unter Musk hätten sich für den Begriff „Autopilot“ entschieden. Das könnte nun zum Boomerang werden. Jennifer Homendy vom National Transportation Safety Board untersucht Unfälle, bei denen offenbar der Autopilot involviert war und findet, dass dessen Bezeichnung „sehr gefährlich sein kann.“
Ihre Behörde beleuchtet 12 Unfälle. Darunter das Fahren eines Tesla in einen parkenden Feuerwehrwagen, ein Polizeiauto und andere Fahrzeuge, wodurch 17 Menschen verletzt wurden und einer verstorben ist.
Versprechen noch offen
Bereits Ende 2015 hatte Elon Musk versprochen, dass die Autos zwei Jahre später vollständig alleine fahren können. Auch die Aussage aus dem Jahr 2016, dass neue Tesla-Autos Hardware für Level 5 verbaut hätten, wurde laut der NYT mit „Überraschung und Verwunderung“ einiger Mitarbeiter aufgenommen.
Zwischenzeitliche Versuche mit neuen Technologien wie Lidar seien abgebrochen worden – Mitarbeiter hätten danach Tesla wieder verlassen.
Dr. Thomas Schiller von Deloitte hatte dem AKTIONÄR im Interview 2019 bereits gesagt: „Robotertaxis sehe ich erst in über zehn Jahren relevant im Markt ankommen - denn dafür braucht es echte Autonomie auf Level 4+ oder Level 5.“
Nachfragen zum Autopiloten habe Tesla auch der NYT gegenüber nach mehreren Wochen noch nicht beantwortet.
Die Frage nach der Qualität des Selbstfahr-Programmes ist nicht nur wegen etwaiger Schadensersatzforderungen von Unfallopfern und dem Verkauf der Selbstfahrsysteme an Kunden immens wichtig – sondern auch großer Bestandteil der Börsenstory. Anfang 2021 berechnete etwa ARK Invest einen Bull-Case für Tesla, der Roboterauto-Taxi-Umsätze (Autonomous Ride-Hail Revenue) in Höhe von fantastischen 327 Milliarden Dollar im Jahr 2025 vorsieht.
Wie berichtet, hat Lienkamp daran große Zweifel: „Tesla wird meines Erachtens nicht über Level 2 kommen. Alle (außer Tesla) sind sich einig, dass man ab Level 3 Redundanz braucht, das heißt, zu der Kamera auch Laser und Radar.“
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