Tesla fährt zwar mittlerweile vergleichsweise beständig Gewinne ein - doch wie nachhaltig das Geschäftsmodell des Elektroautoherstellers, bleibt weiter fraglich. Außerdem rollen immer mehr Konkurrenten ihre Stromer aus.
Wie steht es um die Tesla-Aktie?
Mitten in der Corona-Pandemie hat Tesla 2020 den ersten Jahresgewinn erreicht. Auch im ersten Vierteljahr dieses Jahres gab es weiter schwarze Zahlen - und damit das siebte Quartal in Folge. Es ist aber nicht nur der Verkauf von Autos, der Geld einbringt - bei genauerem Hinsehen hat die Bilanz unter anderem von einer milliardenschweren Investition in die Kryptowährung Bitcoin profitiert.
Im wichtigsten Auslandsmarkt China hatte Tesla zuletzt Probleme, die Verkaufszahlen brachen teils deutlich ein. Im April stand die Shanghaier Fabrik des E-Pioniers vorübergehend still - zwar wegen branchenüblicher Wartungsarbeiten. Bei Anlegern war aber dennoch Sorge aufgekommen, ob Tesla in der Volksrepublik seine Stellung angesichts zunehmender Konkurrenz bei Elektrofahrzeugen halten kann.
Die Amerikaner waren in China nämlich nach einem Kundenprotest in die Kritik geraten und mussten sich für eine verspätet in Angriff genommene Beschwerde rund um das Bremssystem eines Teslas öffentlich entschuldigen.
Nicht ganz so schnell wie erhofft geht es auch mit dem Aufbau der Fabrik in Grünheide bei Berlin. Ursprünglich sollte die Produktion im Juli starten, nun ist die Rede von einem Zeitpunkt im "späten 2021". Derweil erhöht der Konzern weiter die Importe nach Europa, auch aus China.
Wenn Grünheide aber erstmal läuft, will Musk hier das Crossover-SUV Model Y bauen lassen, mit dem er noch ambitioniertere Ziele hat als mit dem Model 3: Tesla glaube, dass das Model Y das bestverkaufte Automodell weltweit über alle Klassen hinweg werden könnte, hieß es im jüngsten Quartalsbericht.
In Kalifornien und Shanghai läuft das Modell bereits vom Band, neben Berlin soll es auch in der neuen Fabrik in Texas gebaut werden.
Musk will auf dem Gelände nahe Berlin auch die weltgrößte Batteriefabrik errichten, bisher produziert Tesla seine Batterien im US-Bundesstaat Nevada. Mit der Ankündigung hat das Unternehmen offenbar schlafende Hunde geweckt, denn im März preschte auch der europäische Platzhirsch Volkswagen mit dem Vorhaben vor, europaweit bis 2030 sechs Batteriezellwerke mit Partnern hochziehen zu wollen.
Soll heißen: VW drückt ordentlich aufs Gas.
„Ich denke QuantumScape hat die besten Chance, der Erste zu sein. Für Elon Musk und Tesla wäre das eine herbe Niederlage. Er würde damit seine Innovationsstellung im Elektroauto verlieren und damit auch Kunden. Sein Battery Day wäre damit langweilig und seine Gigafactory in Berlin-Grünheide „second best““, sagt Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer gegenüber dem Aktionär.
Die Riesen der alten Autowelt rüsten sich derzeit mit Milliardensummen für den Wettbewerb mit E-Autos und Software, auf dem Tesla als führend gilt. Volkswagen hat für den Zeitraum 2021 bis 2025 rund 73 Milliarden Euro für die neuen Technologien verplant, nahezu die Hälfte der Gesamtinvestitionen. US-Riese General Motors erhöhte jüngst sein Budget für Elektroantriebe und autonomes Fahren bis 2025 um rund ein Drittel auf 35 Milliarden US-Dollar (29,3 Mrd Euro).
Trotz der luftigen Höhen, die der Aktienkurs erreicht hat, ist immer noch ein großer Teil der Analysten optimistisch für die weiteren Chancen der Tesla-Aktie.
"Man kann fast den Eindruck bekommen, dass Tesla zwei Standbeine hat: Den Emissionsrechte-Verkauf und den Bitcoin-Handel", resümierte NordLB-Analyst Frank Schwope nach den Quartalszahlen. "Der eigentlich zentrale Pfeiler, der Verkauf von Autos, trägt hingegen immer noch nicht großartig zu den Gewinnen bei." Weil die Konkurrenz bei Elektromodellen aufhole, dürften die Einnahmen aus den Zertifikaten nach und nach zurückgehen.
JPMorgan-Analyst Ryan Brinkman gehört zu den Skeptikern: Die hohe Bewertung von Tesla dürfte mit neuen Elektromodellen der Rivalen auf den Prüfstand kommen, weil diese nicht nur um Verkäufe und Marktanteile konkurrierten, sondern auch den Bedarf an Abgaszertifikaten bei der Konkurrenz senkten. Und die hätten schließlich im ersten Quartal erst für einen Gewinn gesorgt. Mit einem Kursziel von 155 Dollar ist Brinkman einer der pessimistischsten Experten.
Mark Delaney von Goldman Sachs wiederum sieht die Dinge weitaus zuversichtlicher. Die Aussagen zum Model Y bedeuteten, dass Tesla dem Auto einen Jahresabsatz von rund einer Million Fahrzeuge im Jahr 2022 zutraue. Er empfiehlt Anlegern den Kauf der Aktie mit einem Kursziel von 860 Dollar.
Der Börsenwert von umgerechnet über 500 Milliarden Euro für Tesla ist nach wie vor mehr als ambitioniert. Vor allem weil die jungen Wilden der Elektroauto-Szene wie Nio, Xpeng, Aiways und Lucid Motors peu a peu ihre Stromer ausrollen. Darüber hinaus kommt Volkswagen mit großen Schritten näher. Soll heißen: Die Konkurrenz für Tesla wird immer größer.
Aus technischer Sicht steht das Papier aktuell am Scheideweg. Es gilt, die 200-Tage-Linie bei 614 Dollar zu verteidigen. Knackt die Aktie die 50-Tage-Linie bei 645 Dollar, entsteht ein neues Kaufsignal.
(Mit Material von dpa-AFX).