Die seltenen schweren Nebenwirkungen nach der Impfung mit den Präparaten von Astrazeneca und Johnson & Johnson hängen deutschen Experten zufolge möglicherweise mit dem speziellen Typ dieser Impfstoffe zusammen. "Die Tatsache, dass beide Impfstoffe auf dem gleichen Prinzip beruhen und die gleichen Probleme verursachen, spricht meines Erachtens eher dafür, dass der Vektor selbst die Ursache ist", sagte Johannes Oldenburg vom Universitätsklinikum Bonn der Deutschen Presse-Agentur. Allerdings sei das zum gegenwärtigen Zeitpunkt spekulativ.
Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson hatte am Dienstag wegen Berichten über sogenannte Sinusvenenthrombosen nach der Impfung den Marktstart seines Präparats in Europa aufgeschoben. Zuvor hatten Behörden in den USA ein vorübergehendes Aussetzen der Impfungen empfohlen, nachdem im Land sechs Fälle der Hirnvenenthrombosen erfasst worden waren.
Erst im März hatte Deutschland Impfungen mit dem Produkt des Herstellers Astrazeneca vorübergehend ausgesetzt. Auch andere europäische Länder stoppten die Impfungen zeitweise. Hintergrund war ebenfalls eine auffällige Häufung der speziellen Thrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) nach Impfungen mit dem Präparat. Inzwischen wird der Einsatz von Astrazeneca hierzulande nur bei Menschen ab 60 Jahren empfohlen.
In beiden Präparaten wird ein an sich harmloses Adenovirus als sogenannter Vektor genutzt, um Erbinformationen des Coronavirus in den Körper zu schleusen. Es sei theoretisch auch denkbar, dass das Spike-Protein des Virus, das in allen verfügbaren Impfstoffen dem Immunsystem zur Bildung von Abwehrstoffen präsentiert wird, die Nebenwirkungen verursacht, erklärte Oldenburg.
Auch Clemens Wendtner vermutet, dass bei beiden Impfstoffen ein ähnlicher Mechanismus den Nebenwirkungen zugrunde liegt. "Wir haben im Fall von Johnson & Johnson die gleichen Nebenwirkungen, die auch bei Astrazeneca aufgetaucht sind", sagt Wendtner, Chefarzt an der München Klinik Schwabing. "Da stellt sich die Frage, ob es hier einen Klasseneffekt gibt, also die Adenoviren, die als Vektoren genutzt werden, die Probleme auslösen."
Die Aktie von Johnson & Johnson war am Dienstag zunächst deutlich ins Minus gerutscht, hat sich aber bis zum Handelsende wieder etwas erholen können. Das Papier ging schließlich mit einem Minus von 1,3 Prozent aus dem US-Handel. Wie DER AKTIONÄR bereits erklärt hat, dürften die Auswirkungen auf die Geschäfte ähnlich wie bei Astrazeneca auch bei Johnson & Johnson überschaubar bleiben. Auch bei Johnson & Johnson macht der Corona-Impfstoff nur einen Bruchteil des Geschäfts auch. DER AKTIONÄR rät deswegen dazu, die Aktie von Johnson & Johnson nicht zuletzt wegen des starken Gesamtportfolios weiter zu halten. Ein Stopp bei 105 Euro sichert nach unten ab.
(Mit Material von dpa-AFX)