Solarworld hat sich zu Wort gemeldet und spricht von „missverständlichen Medienberichten“ über den laufenden Rechtsstreit in den USA. Das Wall Street Journal und der AKTIONÄR hatten am Montag darauf hingewiesen, dass im Falle einer Niederlage von Solarworld die Existenz des Solarkonzerns gefährdet sei. Interessanterweise ist aber auch Solarworld selbst dieser Ansicht.
Wenn ein Unternehmen einen Prozess zu verlieren droht, der Zahlungen von bis zu 800 Millionen Dollar nach sich ziehen könnte und es nur über 141 Millionen Euro an liquiden Mitteln verfügt, dann ist es sicherlich nicht ungewöhnlich, die Überlebensfähigkeit des betroffenen Unternehmens anzuzweifeln.
„Bestandsgefährdung“
Genau das tut übrigens auch Solarworld selbst. Im Geschäftsbericht des Jahres 2014 verweist Solarworld ausdrücklich auf die Folgen, sollten dem Siliziumproduzenten Hemlock Schadensersatzansprüche zugesprochen werden. Wörtlich heißt es dort: „Sollten Gerichte entscheiden, dass der Siliziumlieferant einen Schadenersatzanspruch gegen unsere Tochtergesellschaft SolarWorld Industries Sachsen GmbH hat, hätte das erhebliche negative Auswirkungen auf die Liquiditätslage der Gesellschaft bis hin zur Bestandsgefährdung.“
Verteidigung bricht zusammen
Allerdings stufte Solarworld die Wahrscheinlichkeit einer Niederlage in dem Prozess bisher als gering ein. Als Argument hierfür wurden kartellrechtliche Bedenken gegen die zugrunde liegenden Siliziumverträge angeführt. Nach europäischem Kartellrecht seien die Verträge unwirksam und es ließen sich aus ihnen keine Schadensersatzansprüche ableiten, argumentierte Solarworld. Jetzt hat das US-Gericht endgültig entschieden, dass sich Solarworld nicht länger mit dem europäischen Kartellrecht verteidigen darf. Damit verliert der Konzern seine schlagkräftigste und wohl auch einzige Waffe gegen die Klage.
Keine Rückstellungen, Aktie meiden
Weil man sich seiner Sache sehr sicher war, hat Solarworld auch keinerlei Rückstellungen für eventuelle Schadenersatzansprüche von Hemlock gebildet. Das Unternehmen verweist in der aktuellen Stellungnahme jetzt darauf, dass man sich in den „voraussichtlich weiteren Prozessjahre“ nutzen wolle, um mit dem „Siliziumlieferanten Hemlock eine Einigung und Regelung zur Weiterbelieferung abzuschließen.“
Allerdings dürfte Hemlock angesichts der sich abzeichnenden Niederlage von Solarworld vor dem US-Gericht bei Gesprächen über eine Einigung am weitaus längeren Hebel sitzen. Für Solarworld hingegen ist eine Einigung mittlerweile überlebenswichtig geworden. DER AKTIONÄR bleibt bei seiner Einschätzung, dass Anleger um die Solarworld-Aktie angesichts der extremen Risiken einen weiten Bogen machen sollten.