Sixt hat das Wachstumstempo erhöht. Die Prognose für das Gesamtjahr wurde hochgesetzt. Die Aussichten für Deutschlands größten Autovermieter sind sehr gut. Der Höhenflug der im SDAX notierten Stammaktie sollte sich fortsetzen.
Typisch Sixt: Der Autovermieter hat den jüngsten Bahnstreik genutzt, um mit einer provokativen Werbeaktion auf sich aufmerksam zu machen. Als die Züge in den Bahnhöfen stillstanden und gestrandete Bahnreisende auf Mietwagen umstiegen, kürten die Bayern den Chef der Lokführer-Gewerkschaft GDL, Claus Weselsky, kurzerhand in Zeitungsanzeigen zum „Mitarbeiter des Monats“.
Auch wenn an diesen Tagen die Mietwagen ausgebucht waren, sollte sich der Streik-Effekt im Zahlenwerk angesichts der Konzerngröße nicht signifikant bemerkbar machen. Dennoch dürfte das Schlussquartal erneut sehr gut ausfallen. „Sollte sich die Gesamtwirtschaft nicht weiter eintrüben und nicht zu viel Schnee fallen, dürften Umsatz und Ergebnis auch im vierten Quartal über dem Vorjahr liegen“, so Marc-René Tonn von Warburg Research gegenüber dem AKTIONÄR.
Mit oder ohne Streik – Sixt befindet sich auf Rekordfahrt. Vorstand Erich Sixt hat vor 45 Jahren nach einem abgebrochen Betriebswirtschaftsstudium die kleine Autovermietung seiner Eltern übernommen und diese zu einem Milliardenkonzern ausgebaut. 2014 steuert das 102 Jahre alte Familienunternehmen auf das beste Jahr in der Firmengeschichte zu. Mit knapp 139 Millionen Euro wurde bisher im Jahr 2011 der höchste Gewinn vor Steuern erzielt. „Da liegen wir schon recht deutlich drüber“, sagte Erich Sixt bei der Vorlage der 9-Monats-Zahlen, ohne eine konkrete Zahl zu nennen. Von Januar bis Ende September 2014 erzielte der SDAX-Konzern ein Vorsteuerergebnis von 131 Millionen Euro. Hält die Wachstumsdynamik im Schlussquartal an, dürfte auch das angestrebte Umsatzplus „im hohen einstelligen Prozentbereich“ im Gesamtjahr locker erreicht werden. Warburg Research rechnet für 2014 mit einem Zuwachs der operativen Umsätze um gut acht Prozent und einem Anstieg von 13,5 Prozent beim Vorsteuerergebnis auf knapp 156 Millionen Euro.
Der Konzern macht den Großteil seines Geschäfts im Inland – treibt seine Internationalisierung in Europa aber konsequent voran. „Im Gegensatz zum Geschäft in Deutschland ist das Geschäft im europäischen Ausland stärker von Privatkunden und weniger von Geschäftskunden getragen. Entsprechend sollte die Zyklizität auch geringer ausgeprägt sein“, bemerkt Analyst Tonn.
Zudem blickt Sixt auch weiter über den großen Teich. Der hart umkämpfte US-Markt verfügt bei einem Volumen von 25 Milliarden Dollar über enormes Potenzial, selbst wenn nur ein niedriger einstelliger Marktanteil erreicht würde. Zum Ende des dritten Quartals führte der Konzern 41 Stationen (31. Dezember 2013: 26). Alexander Sixt, Sohn des Firmenlenkers und zuständig für die Konzernentwicklung, erklärte in einem Interview mit dem Handelsblatt: „Wenn wir in Amerika die größten 100 Flughäfen erobern könnten und dort Marktanteile von fünf Prozent erreichen würden, dann würde sich der gesamte Umsatz von Sixt mehr als verdoppeln.“ Sixt wird das Geschäft wie gewohnt stückweise und risikobewusst ausweiten.
Richtig Fahrt nimmt auch das gemeinsam mit BMW betriebene Carsharing-Projekt „DriveNow“ auf. Das Teilen und gemeinsame Fahren eines Autos boomt. Vor allen in Großstädten steigen die Nutzerzahlen dynamisch. Auf operativer Basis ist das Joint Venture mit rund 350.000 registrierten Nutzern schon profitabel. Auch unterm Strich dürften bald schwarze Zahlen stehen. Sixt ist neben fünf deutschen Städten auch in Wien vertreten. Nach zwei bis drei weiteren europäischen Metropolen sind auch hier die USA ein großes Thema. Erste Gespräche mit BMW werden geführt. „Während die Struktur dazu führt, dass keine Umsätze gebucht werden, kann DriveNow perspektivisch ein bedeutender Ergebnisfaktor werden. Entscheidend wird sein, die Fahrzeuge bestmöglich auszulasten, während die Kosten unter Kontrolle bleiben“, prognostiziert Warburg-Experte Tonn. Ein Trend spielt den Bayern dabei in die Karten: Vor allem bei jungen Menschen steht das eigene Auto nicht mehr so hoch im Kurs wie früher.
Trotz Internationalisierung und Wachstum hat das Sixt-Management die Basisarbeit nicht aus den Augen verloren. Die gesamte Konzern-Organisation wird kontinuierlich weiterentwickelt. Der Anstieg der Fuhrparkkosten und anderer operativer Aufwendungen wird dabei genauso im Blick behalten wie die jüngsten Eintrübungen der Konjunktur in Europa.
Angesichts der kurzen Vorlauffrist beim Automieten fällt eine Prognose für 2015 schwer. Sixt dürfte aber weiter Vollgas geben. Die Expansion im Ausland wird dabei der Haupttreiber sein. Das Carsharing sorgt für zusätzliche Fantasie. Mit einem 2015er-KGV von 13 hat die Aktie auch nach der jüngsten Kursrallye Luft nach oben. Abgerundet wird das Bild durch eine Dividendenrendite von rund drei Prozent.
Hinweis nach §34 WPHG zur Begründung möglicher Interessenkonflikte: Aktien oder Derivate, die in diesem Artikel besprochen / genannt werden, befinden sich im "Real-Depot" von DER AKTIONÄR.