Siemens fährt wegen Corona-Pandemie derzeit auf Sicht - diese sei aber "nicht sehr weit", hatte Noch-Konzernchef Kaeser Ende März gesagt. An Siemens würden die Auswirkungen zumindest kurzfristig nicht vorübergehen. Umsatz und Ergebnis dürften im zweiten Quartal belastet werden, erwartete Kaeser vor allem mit Blick auf die Geschäfte mit Kunden zyklischer Branchen wie etwa dem Maschinenbau oder der Autoindustrie. Hier hatte Siemens bereits in den vergangenen Quartalen wegen eines Nachfragerückgangs schwächere Geschäfte verzeichnet.
Offen ist, wie stark sich die Krise auf das Ergebnis des Konzerns auswirkt. Kaeser beantwortete Ende März in einem Zeitungsinterview die Frage nach dem Bestand der Prognose für das Geschäftsjahr 2019/2020: "Diese Frage beantwortet ja im Augenblick der Markt für sich selbst." Offiziell zurückgezogen wie viele andere Konzerne hat Siemens den Ausblick unter anderem eines moderaten Umsatzanstiegs auf vergleichbarer Basis - also ohne Währungs- und Übernahmeffekte - allerdings nicht. Am Freitag (8.5.) will das Unternehmen die Halbjahreszahlen vorlegen.
Insgesamt zeigte sich Kaeser zuversichtlich, dass der Konzern passend aufgestellt ist, um "gut und robust" durch die Pandemie zu kommen. Siemens sei "ein starkes Unternehmen mit einer hohen Liquidität". Man steuere derzeit durch die "größte Krise in Friedenszeiten" und "das machen wir gerade ganz erfolgreich". Deshalb schloss er zuletzt Stellenstreichungen wegen der Corona-Krise ebenso aus wie die Inanspruchnahme von Staatshilfen.
Allerdings soll das Unternehmen mit Banken über neue Kredite im Volumen von drei Milliarden Euro verhandeln, berichtete Mitte April die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Trotz der Krise trieb der Münchener Konzern die Vorbereitungen für die Abspaltung und die Börsennotierung von Siemens Energy zuletzt voran. Ende September soll das neue Unternehmen, das das Energiegeschäft von Siemens sowie die Beteiligung an dem Windanlagenbauer Siemens Gamesa enthält, an die Börse gehen. Dafür übernimmt Siemens den Gamesa-Anteil vom spanischen Energiekonzern Iberdrola . Der Preis für die rund 8 Prozent liegt bei rund 1,1 Milliarden Euro.
Voraussetzung für die Abspaltung ist die Zustimmung der Aktionäre, die in einer außerordentlichen Hauptversammlung abstimmen müssen. Diese ist eigentlich für den 9. Juli geplant. Siemens strebt dabei weiter an, die Beteiligung auf einen Minderheitsanteil zu senken. Wie hoch der anfangs ausfallen wird, ist noch offen.
Siemens wird von der Krise hart getroffen. Doch die Konglomeratsstruktur dürfte den Industriekonzern etwas schützen. Zudem sollte sich der langwierige Umbau endlich auszahlen. Der Konzern ist damit richtig aufgestellt, um sich von der Pandemie zu erholen. Langfristig orientierte Anleger können auf dem aktuellen Niveau deshalb zugreifen.
Mit Material von dpa-AFX