In gut einer Woche endet bei Siemens das laufende Geschäftsjahr 2021/22. Hohe Abschreibungen auf die Beteiligung an Siemens Energy sowie weitere Belastungen im Zusammenhang mit dem Rückzug aus Russland hatten den Konzern im dritten Quartal einen Milliardenverlust eingebrockt. Abseits dessen liefen die Geschäfte jedoch recht robust. Die Einschätzungen einzelner Analysten gehen dennoch stark auseinander.
Das US-Analysehaus Bernstein Research hat die Einstufung für Siemens auf "Underperform" mit einem Kursziel von 74 Euro belassen. Gekürzte Gasverfügbarkeiten für europäische Industrieunternehmen seien nun unvermeidbar, so Analystin Sarah McCarthy. Die Industrie habe in den vergangenen Jahren etwa 30 Prozent des Gasverbrauchs ausgemacht. Dies untermauere, dass es schwer werden wird, auf alternative Energiequellen auszuweichen. Die Industrieproduktion dürfte auf Jahressicht um bis zu neun Prozent zurückgehen.
„Derzeit sehen wir nur geringe direkte Auswirkungen auf unsere Fabriken, weil unsere Produktion nicht energieintensiv ist“, erklärte Vorstand Roland Busch noch bei der Vorlage der Q3-Zahlen Anfang August. Den Strombedarf in Europa decke Siemens zu fast 100 Prozent aus erneuerbaren Energien. Erdgas werde nur in einigen nachgelagerten Bereichen der Produktion genutzt. „Und falls das Gas knapp wird, haben wir vorbeugende Maßnahmen getroffen, um unsere Produktion aufrechtzuerhalten“, so Busch.
Die Schweizer Großbank UBS hat die Kaufempfehlung für die DAX-Aktie in dieser Woche mit einem Kursziel von 153 Euro bestätigt. Die Analysten um Guillermo Peigneux rechnen zwar kurzfristig noch mit einem fortgesetzten Abschwung im Kapitalgütersektor und kürzten vereinzelt die Gewinnerwartungen. Allerdings sehen sie eine Stimmungswende im Sektor bald kommen. Anleger sollten sich dabei unter anderem auf Unternehmen im Transformationsprozess konzentrieren –wie beispielsweise Siemens.
„Es war kein einfaches Quartal“, sagte der Vorstandschef mit den Q3-Zahlen. Siemens zeige jedoch viele Stärken und habe das Momentum beim Wachstum fortgesetzt. „Unser Auftragsbestand erreichte mit 99 Milliarden Euro erneut einen Rekord – und er hat eine hohe Qualität", so Busch weiter.
Wie die Geschäfte bei Siemens derzeit tatsächlich laufen, werden erst die Geschäftszahlen Anfang November zeigen. Da die Konjunkturentwicklung bei dem DAX-Konzern weiter eine wichtige Rolle spielt, bleiben Risiken bestehen. Kurzfristig drohen im angeschlagenen Marktumfeld weitere Rücksetzer.
(Mit Material von dpa-AFX)