Steht hier ein US-Tech-Riese, mehr noch ein Urgestein der amerikanischen Internet-Szene wirklich vor der Zerschlagung? Eine erste Marktreaktion lässt jedenfalls den Schluss zu, dass der Schritt auf Zustimmung stößt. Anleger feiern die Pläne eines aktivistischen Investors, der genau darauf pocht. Erklärtes Ziel: Den Wert des Unternehmens und damit auch der Aktie um 100 Prozent steigern. Tatsächlich könnte in diesem speziellen Fall zusammenkommen, was zusammengehört, indem etwas auseinanderdividiert wird, was bisher fest verbunden war.
Die Aktie des Internet-Urgesteins Ebay ist gestern in die Höhe geschossen. Vorausgegangen war der Rallye ein Schreiben der Investmentfirma Elliott Management aus New York. Deren Kopf, Paul Singer, ist bekannt als aktivistischer Investor (in Deutschland u.a. ThyssenKrupp, Gea Group und Bayer) und als solcher, den Wert von Unternehmen durch verschiedene Maßnahmen zu steigern. Das klappt nicht immer – davon können insbesondere deutsche Aktionäre ein Lied singen – aber immer wieder.
Sein Hedgefonds hält eigenen Angaben zufolge etwa vier Prozent der Ebay-Anteile – und will nun Profit sehen. In dem Schreiben prangert die Investmentfirma an, Ebay habe sich schlechter entwickelt als seine Mitbewerber und schlechter als der Markt. Ein Fünf-Punkte-Plan (vorgelegt natürlich von Singer) solle am besten sofort umgesetzt werden, um den wahren Wert der Firma zu heben. Er sieht unter anderem den Verkauf der profitablen Töchter Ebay Classified Group (u.a. Ebay Kleinanzeigen) und StubHub vor. Singer hat natürlich genau nachgerechnet, das Ziel klar definiert.
StubHub betreibt einen Onlinemarktplatz für den An- und Verkauf von Tickets für Theater, Konzerte sowie Sportveranstaltungen – und so dürften auch Wettbewerber wie Ticketmaster (Live Nation Entertainment) und die deutsche CTS Eventim aufmerksam den Plänen von Singer gelauscht haben. Auch wenn der von Elliott Management angestrebte Verkaufspreis womöglich deren Vorstellungen sprengen könnte. So glaubt Elliott, StubHub für 3,5 bis 4,5 Milliarden Dollar verkaufen zu können.
Für Ebay Classified Groups wird im Übrigen ein potenzieller Erlös zwischen acht und zwölf Milliarden genannt.
Die Pläne sehen übrigens vor, dass am Ende einer erfolgreichen Umsetzung des Fünf-Punkte-Plans eine Wertsteigerung bei Ebay zwischen 75 und 100 Prozent stehen könnte. Die Aktie stünde dann nicht mehr bei 31 Dollar wie vor Bekanntwerden der Forderungen, sondern bei 55 bis 63 Dollar. Kaum verwunderlich also, dass der Markt die Aktie gestern bereits ein Stück in diese Richtung bugsierte.
Wer jetzt nachrechnet, stellt fest, dass dieser Zielkorridor unmöglich einzig und allein auf den Verkaufserlösen von StubHub und Ebay Classified Groups gründen kann. Die Veräußerung beider Teile selbst zum höchsten Zielpreis brächte in Summe "nur" 16,5 Milliarden Dollar. Ebay wird an der Börse aber derzeit bereits mit über 31 Milliarden bewertet.
Die wirkliche Fantasie steckt demnach im eigentlichen Kerngeschäft. Ohne Verbesserungen sei dieses bereits rund 15 Milliarden Dollar wert – und könnte das Interesse von Walmart, Google oder einem Private-Equity-Fonds wecken. Wenn Ebay aber hier die Vorschläge umsetze, könnte das Geschäft deutlich im Wert steigen und so in Verbindung mit den Verkäufen die gewünschte Zielrendite von 100 Prozent einbringen.
Auch wenn Paul Singer nicht immer ein glückliches Händchen bewiesen hat – bei Ebay könnte er ins Schwarze getroffen haben. Denn erstens hat Ebay (und deren Aktionäre) Erfahrung mit aktivistischen Investoren. Und zweitens steht Singer und seine Elliott Management nicht alleine da. Auch der Hedgefonds Starboard Value soll eine Position in Ebay eingegangen sein und dem Management Vorschläge unterbreiten wollen. Abschließend noch ein Wort zur Erfahrung mit aktivistischen Investoren: Ebay-Aktionären ist der Name Carl Icahn bestens vertraut. Er forderte einst von Ebay den Zahlungsdienstleister Paypal abzuspalten. Ein Jahr nach Bekanntwerden der Forderung tat Ebay genau dies und brachte Paypal an die Börse. Das ist Geschichte. Die von Singer hat gerade erst begonnen.
Dieser Beitrag ist in der heutigen Ausgabe des Börsen.Briefing. erschienen – dem neuen täglichen Newsletter des Anlegermagazins DER AKTIONÄR.
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