Sartorius hat am Freitagabend alle überrascht. Der Laborzulieferer teilte nach US-Börsenschluss mit, nicht mehr ganz so hoffnungsfroh auf dieses Jahr zu blicken. Umsatz- und Gewinnprognose? Obsolet. Damit muss auch die jüngste Erholungsbewegung der Aktie des im DAX gelisteten Unternehmens hinterfragt werden.
Die Belastungen sind größer als befürchtetet. Seit Freitagabend nach US-Börsenschluss ist klar: Der anhaltende Abbau von Lagerbeständen bei Kunden nach der Corona-Pandemie und die allgemeine schwache Nachfrage belasten Sartorius stärker als bisher gedacht. Der Pharma- und Laborausrüster senkte seine Prognosen für den Umsatz und die Profitabilität im laufenden Jahr deutlich. So rechnet der Konzern jetzt mit einem Umsatzrückgang im niedrigen bis mittleren Zehner-Prozentbereich statt eines leichten Wachstums.
Aufgrund der geringeren Volumenerwartungen werde bei der Marge auf Basis des um Sondereffekte bereinigten Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 2023 nun mit einem Wert von etwa 30 Prozent gerechnet. Das Problem daran: Bisher hatte das im DAX notierte Unternehmen einen Wert in etwa auf dem Niveau des Vorjahres erwartet. Da betrug sie noch 33,8 Prozent.
Mittelfristig bleibt Sartorius optimistisch. "Die aktuelle Nachfragesituation nach der Pandemie sieht Sartorius als eine Phase an, welche die grundlegenden sehr positiven Wachstumstreiber der Life-Science und Biopharmaka-Märkte nur temporär überlagert." Entsprechend ändert das Unternehmen seine Mittelfristziele bis 2025 nicht.
Demnach sollte der Umsatz bis 2025 auf etwa 5,5 Milliarden steigen. Davon sollen rund 34 Prozent als Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) hängen bleiben. Das wären rechnerisch knapp 1,9 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr war der Umsatz um etwas mehr als ein Fünftel auf fast 4,2 Milliarden Euro gestiegen. Die operative Marge hatte bei 33,8 Prozent gelegen.
Zur Umsatzentwicklung im laufenden sollen Akquisitionen rund ein Prozentpunkt beitragen, wobei die geplante Polyplus-Übernahme noch nicht in der Prognose berücksichtigt ist. Der gesenkten 2023er-Prognose zufolge könnte der Umsatz im laufenden Jahr auf weniger als 4 Milliarden Euro sinken; das operative Ergebnis könnte rechnerisch gemessen an der reduzierten Umsatz- und Margenerwartung auf weniger als 1,2 Milliarden Euro sinken.
Chartbild bekommt neue Risse
Dass an der Mittelfrist-Prognose festgehalten wird, dürften Anleger honorieren. Nicht jedoch das gekappte Ziel für 2023. Für den Kursverlauf kann das nichts Gutes bedeuten. Ein Blick auf den Chart lässt die Vermutung zu: Gleich am Montag zur Handelseröffnung könnte es ungemütlich werden. Schließlich hatten Anleger am Freitag keine Gelegenheit mehr auf die Meldung des DAX-Konzerns zu reagieren.
Zurück im Abwärtstrend
Die Aktie von Sartorius dürfte wieder in den kurzfristigen Abwärtstrend eintauchen, der seit Februar besteht. Erst Ende dieser Woche hatte sie den Bruch geprobt und just am Freitag tatsächlich oberhalb der Trennlinie geschlossen. Doch es nützt alles nichts. Da als Reaktion auf die Prognosesenkung Kurse um 330 Euro realistisch sind, wird nun ein erneuter Test der Unterstützungszone bei 300 bis 310 Euro wahrscheinlicher.
Anlegerliebling bleibt einer der besten Standardtitel
Auch wenn damit kurzfristig eher mit Verlusten denn mit Gewinnen zu rechnen ist – die Aktie von Sartorius bleibt einer der besten Standardwerte, zumindest gemessen an der Performance. Die Aktie war einer der Gewinner der Corona-Pandemie am Finanzmarkt. Der Kurs stieg von rund 200 Euro Anfang 2020 bis auf 631,60 Euro im November 2021. Im vergangenen Jahr stürzte der Kurs im Juni dann bis auf weniger als 300 Euro ein. In den vergangenen zehn Jahren summiert sich das Kursplus auf etwas mehr als 1.600 Prozent. Über zwanzig Jahre gesehen sind es mehr als 29.000 (!) Prozent. Das Unternehmen ist an der Börse derzeit rund 24 Milliarden Euro wert.
Am Montag dürfte es bei Sartorius wild zugehen. Anfänglich ist ein Einbruch auf 330 Euro realistisch, womöglich reicht der Abverkauf aber noch tiefer, könnte sogar die Unterstützungszone zwischen 300 und 310 Euro anlaufen. Die im April gerissene Kurslücke bleibt damit weiterhin vorerst offen, der Abwärtstrend intakt. Gleichwohl der Hinweis: Weil das mittelfristige Ziel des Unternehmens unangetastet bleibt, könnten Schnäppchenjäger die günstigeren Kurse im Sinne einer langfristigen Strategie nutzen, um ihre Positionen aufzustocken.