In den Bilanzen der DAX-Konzerne hat sich die Position des Goodwill in den vergangenen Jahren massiv ausgeweitet. Doch anders als bei Sachanlagen oder materiellen Vermögensgegenständen verbirgt sich hinter der Kennzahl kein substantieller Wert. Und genau dies könnte in Zukunft zu einem ernsten Problem werden. Eine Erklärung der Kennzahl am Beispiel von SAP.
Bis zum Jahr 2004 war die Welt noch einfach: Lag der Kaufpreis bei einer Übernahme höher als die Bewertung des Unternehmens, hat man die Differenz als immateriellen Vermögensposten in die Bilanz aufgenommen. Dieser wurde dann über 15 Jahre linear abgeschrieben. Die Abschreibungsvorschrift wurde allerdings zum Jahreswechsel 2005 geändert. Von nun an blieb der sogenannte Goodwill voll in der Bilanz stehen und wird nur nach einer Wertänderung abgeschrieben – diese wird anhand eines Impairment-Tests (dt.: Werthaltigkeits-Test) geprüft.
Hohe Goodwill-Werte im DAX
Dass seit der Umstellung auf das neue Verfahren allerdings nur wenig abgeschrieben wurde, zeigt die Entwicklung des Goodwill im DAX:
Immer mehr und immer teurere Übernahmen haben die Bilanzen aufblähen lassen. Das Problem: Bricht die Konjunktur ein, müssen die Unternehmen ihre Akquisitionen neu bewerten und es drohen massive Abschreibungen.
Goodwill übersteigt Eigenkapital
Dabei spielt das Verhältnis von Goodwill zum Eigenkapital eine wichtige Rolle. Denn eine Abschreibung des Goodwill ist ergebniswirksam und wirkt sich somit unmittelbar auf das Eigenkapital aus. ThyssenKrupp beispielsweise hat im Jahr 2018 (Geschäftsjahr endet am 30.09) das 1,24-fache des Eigenkapitals an Goodwill ausgewiesen. Und auch SAP liegt mit einem Wert von 0,84 in der DAX-Spitzengruppe.
Entgegen der aktuell vorherrschenden Meinung haben Forscher in einer empirischen Studie herausgefunden, dass ein positiver Zusammenhang zwischen hohen Goodwill-Ständen und einer guten Geschäftsentwicklung besteht. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass ausschließlich gesunde Unternehmen einen hohen Goodwill aufweisen und sich so Wachstum sichern.
Kein Grund zu Sorge bei SAP
So zum Beispiel auch SAP: Der Goodwill hat sich seit 2013 um über 60 Prozent erhöht. Übernahmen wie die des B2B-Marktplatz Ariba und zuletzt Qualtrics haben zu dieser Entwicklung beigetragen. Auf den ersten Blick alarmierend. Doch Ariba hat sich sehr gut entwickelt: Das abgewickelte Handelsvolumen steigerte sich von 350 Milliarden Euro auf über eine Billion Euro. Eine Abschreibung des Goodwill ist in diesem Fall also definitiv nicht erforderlich. Allgemein gilt bei Software-Unternehmen ein hoher Goodwill nicht als verwerflich, da Übernahmen in diesem Bereich kaum Maschinen und Fuhrparks enthalten.
Auch mit der teuren Übernahme von Qualtrics hat sich SAP Wachstum im Cloud-Geschäft gesichert. Dieses sollte in der Zukunft deutlich zum Konzerngewinn beitragen und ist somit ein wichtiger Faktor für zukünftige Kursgewinne. DER AKTIONÄR bleibt bei einer Kaufempfehlung.