In der Nacht zum Donnerstag haben sich Kanzlerin Merkel, Wirtschaftsminister Gabriel und CSU-Chef Seehofer auf ein neues Energie-Paket geeinigt. Die umstrittene Klima-Abgabe für alte Kohlekraftwerke ist damit offenbar endgültig vom Tisch. Die Aktie von RWE konnte allerdings nur kurzzeitig profitieren. Nach einem deutlichen Kursanstieg am Donnerstag, verliert das Papier am Freitag bis zum Nachmittag knapp drei Prozent auf 19,70 Euro und ist damit mit Abstand der schwächste Wert im DAX.
Das sagen HSBC und Independent Research
Die jüngste Entscheidung haben auch zahlreiche Analysten zum Anlass genommen, die Aktie von RWE neu zu bewerten. Die britische Investmentbank HSBC hat die Einstufung für RWE nach den neuen Energiebeschlüssen der Bundesregierung auf "Reduce" mit einem Kursziel von 18 Euro belassen. Die Verabschiedung einer milderen Gangart sollte nicht überrascht haben, so Analyst Adam Dickens. Die stark positive Reaktion der Aktie des Energiekonzerns sei unangemessen. Bereits zuvor habe die Preisentwicklung am Strommarkt diesen Ausgang erwarten lassen.
Das Analysehaus Independent Research ist etwas optimistischer. Das Anlagevotum lautet „Halten“, das Kursziel liegt bei 22 Euro. Das Überkapazitätsproblem auf dem deutschen Stromerzeugungsmarkt werde mit hoher Wahrscheinlichkeit noch Jahre Bestand haben und könnte sich sogar verschärfen, erklärte Analyst Sven Diermeier in einer Studie vom Freitag. Positiv werte er aber das von RWE erhöhte Ergebnisziel für die Erneuerbare-Energien-Sparte im Jahr 2015.
Zwei Optimisten
Als Kaufchance bewertet weiterhin die US-Investmentbank Goldman Sachs die Aktie von RWE. Nach dem Aus für die Klimaabgabe haben die Experten das Papier auf "Buy" belassen. Die Beschlüsse der Bundesregierung seien vor allem für RWE eine deutliche Besserung der Geschäftsbedingungen, so Analystin Deborah Wilkens am Freitag. Die Aktie des Versorgers habe nun deutliches Aufwärtspotenzial.
Zum Kauf empfiehlt nun auch die Commerzbank die RWE-Aktie, das Kursziel wurde allerdings leicht von 24 auf 23 Euro gesenkt. Dass sich die Bundesregierung gegen die geplante Strafabgabe für alte Kohle-Kraftwerke ausgesprochen habe, sei eine große Entlastung für den Versorger, so Analystin Tanja Markloff. Die RWE-Aktie habe in den vergangenen sechs Monaten vor allem wegen dieser drohenden Abgabe rund ein Viertel verloren. Das neue Kursziel begründete sie mit moderat steigenden Belastungen aus den neuen Regelungen mit der geplanten Stillegung von Braunkohle-Kraftwerken.
DER AKTIONÄR auch weiterhin von einem Einstieg bei RWE ab – trotz der jüngsten Entscheidung sind die Zukunftsaussichten nach wie vor zu unsicher.
(Mit Material von dpa-AFX)