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Russland-Anleihen: Müssen Investoren ihre Einlagen abschreiben?

Russland-Anleihen: Müssen Investoren ihre Einlagen abschreiben?
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Börsen. Briefing. 09.03.2022 Börsen. Briefing.

Russlands Staatskasse ist nicht zuletzt dank hoher Öl- und Gaspreise derzeit prall gefüllt. Doch durch die Sanktionen wurde ein Großteil von Russlands Zentralbank-Reserven über rund 640 Milliarden Dollar eingefroren. Deshalb werden Zinszahlungen in Milliarden-Höhe aus Russen-Bonds in den kommenden Wochen wohl nicht geleistet. Es droht eine Staatspleite.

Dem Finanznachrichtendienst Bloomberg zufolge hat Russland 49 Milliarden Dollar an Staatsanleihen in Dollar und Euro offen. Am 16. März stehen weitere Zinszahlungen über mehr als 100 Millionen Dollar an. Und am 4. April läuft eine Anleihe über 2 Milliarden Dollar aus.

"Wir sehen einen Zahlungsausfall als wahrscheinlichstes Szenario", schrieb die US-Investmentbank Morgan Stanley bereits am Montag an Klienten. Auch die Kreditwächter von S&P und Moody’s betonen, dass die Hauptursachen für das erhöhte Risiko eines Zahlungsausfalls nicht Geldnot, sondern die Folgen der Sanktionen sind. Durch sie sind auch die Möglichkeiten der Zentralbank stark eingeschränkt.

Zudem ist unklar, wie die Zahlungen rechtlich einzuordnen sind. Christoph Kutt, Experte für festverzinsliche Wertpapiere bei der DZ Bank, sieht Eindeutigkeit vor allem bei vielen Anleihen, die nach der Krim-Krise 2014 begeben wurden: "Diese Anleihen haben eine Währungsoption im Prospekt, welche die Zahlung in verschiedenen Währungen wie Dollar, Euro, Pfund – und auch Rubel – erlaubt", zitiert ihn die FAZ. Diese Optionen würden nun genutzt, meint Kutt. Das Wechselkursrisiko liegt in diesem Fall beim Gläubiger.

Finanzielle Verpflichtungen werden nur noch in Rubel beglichen

Als Reaktion auf die Sanktionen des Westens hatte die russische Regierung am Montag beschlossen, dass finanzielle Verpflichtungen bei "unfreundlichen Staaten" nur noch in Rubel beglichen werden, der bekanntlich auf neue Tiefststände abgestürzt ist. Auf der Liste stehen Deutschland und alle anderen EU-Mitglieder sowie zahlreiche weitere Länder. Darunter sind auch die Ukraine, die Schweiz, Japan, Großbritannien und Kanada sowie weitere Länder, wie die Regierung in Moskau mitteilte. 

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Selbst wenn Russland die demnächst anstehenden Zinszahlungen leisten würde, wäre ungewiss, ob Gläubiger im Ausland an ihr Geld kommen. Ein weiteres Problem für internationale Investoren: Auch Kreditausfall-Versicherungen greifen bei manchen Anleihen womöglich nicht. Denn Russland könnte Schulden in Rubel begleichen, dürfte das Geld aber nicht ins Ausland transferieren.

"Verrückte" Anleihen-Bedingungen

So oder so zeichnet sich eine vertrackte Lage ab. Experte Jay Newman, ein ehemaliger Hedgefonds-Manager aus dem Elliott-Imperium des US-Milliardärs Paul Singer, studierte die Wertpapier-Prospekte der russischen Anleihen und stieß dabei auf einige "der verrücktesten Dinge", die er je gesehen hatte.

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Anders als bei üblichen Staatsschuldverschreibungen enthielten die meisten Anleihen für den Fall von Zahlungsausfällen keine Klausel zum Verzicht auf staatliche Immunität, so dass unklar sei, wie und wo die Regierung vor Gericht gebracht werden könnte. "Es gibt bei all diesen Anleihen überhaupt keinen Schutz für Gläubiger".

Newman weiß, wovon er spricht. Er war jahrelang für den auf das Ausschlachten fauler Kredite spezialisierten Hedgefonds NML Capital tätig. Auch beim 15-jährigen Rechtsstreit über die Rückzahlung von Anleiheschulden Argentiniens aus der rund 100 Milliarden Dollar schweren Staatspleite Ende 2001 spielte Newman eine wichtige Rolle. NML trieb die Schulden letztlich ein.

Gnadenfrist für Zinszahlungen

Der Hedgefonds machte mit einem Heer von Juristen Jagd auf Staatsbesitz im Ausland, ließ 2012 sogar eine Marine-Fregatte in Ghana beschlagnahmen. Doch mit Putins Papieren will Newman nichts zu tun haben: "Ich würde keinen Penny für diese Anleihen bezahlen".

Auch wenn die Anleihe-Zahlungen in der kommenden Woche ausblieben, würde dies nicht bedeuten, dass Russland von heute auf morgen in die Staatspleite gerät. Nach dem ersten Zahlungsversäumnis beginnt gewöhnlich eine 30-tägige Gnadenfrist, so dass der eigentliche Ausfall erst im April erfolgen würde. Außerdem könnte es sich wegen der außergewöhnlichen Situation durch die Sanktionen zunächst nur um einen technischen oder teilweisen Zahlungsausfall handeln, also noch nicht um eine staatliche Insolvenz im eigentlichen Sinne.

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(Mit Material von dpa-AFX)

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