Die Aktie von ProSiebenSat.1 kommt im MDax einfach nicht auf die Beine. Alternative Angebote wie etwa Streaming-Dienste von Netflix, Amazon.com und bald auch Apple machen dem Medienkonzern das Leben schwer. Die Talfahrt scheint sich zu beschleunigen. Da kann nur noch eine Heuschrecke helfen.
ProSiebenSat.1 steuert mit einem Minus von 1,8 Prozent auf ein neues Tief zu. Einem Händler zufolge brauchen TV-Konzerne derzeit ein Management mit der Bereitschaft, eine klare Strategie aufzustellen. Alle führten derzeit zwar Video-On-Demand-Angebote ein, in der Regel könnten die Budgets aber nicht mit denen von Internetriesen wie Amazon, Netflix und bald auch Apple mithalten.
Exodus im Top-Management
Dass sich das Unternehmen selbst aus dieser misslichen Lage befreien kann, ist zweifelhaft. Im Management rumort es seit geraumer Zeit. Die eigenen Mitarbeiter aus der Führungsriege gehen mit der Strategie des neuen Vorstandschefs Max Conze. Bereits im Herbst verabschiedeten sich Produktionsvorstand Jan Frouman (47) und Rüdiger Böss (54). Letzterer galt als wichtige Brücke in die USA zu den Hollywood-Studios. Mit dem Finanzvorstand Jan Kemper und der Vermarktungschefin Sabine Eckhardt verlassen zwei weitere Topmanager das Unternehmen, wie der MDAX-Konzern vor Kurzem mitteilte. Ein Problem bei P7S1 sehen Brancheninsider auch im Aufsichtsratschef Werner Brandt, der nicht gerade als TV-Experte gilt und unter dessen Ägide die Führung zu oft wechselte. Brandt war es auch, der den umstrittenen, ehemaligen Dyson-CEO Conze auf den Chefsessel platzierte.
Operative Herausforderungen
Die Führungskrise kommt für P7S1 zu einer Unzeit. Der Umsatz ist 2018 um etwa zwei Prozent auf rund vier Milliarden Euro geschrumpft. Ursprünglich wurde noch ein Wachstum in Aussicht gestellt. Als Belastungsfaktoren entpuppten sich die Entkonsolidierungen des Video-on-Demand-Portals Maxdome, des Online-Fitness-Anbieters 7NXT und des Reiseveranstalters Tropo.
Da der Sender in das Programm und den Ausbau der Internetportale investieren will, wurde die Dividende – eines der wenigen bisherigen Kaufargumente für die Aktie – gekürzt. Statt bisher 80 bis 90 Prozent des bereinigten Konzernüberschusses sollen die Aktionäre nur 50 Prozent erhalten. Konkret heißt das: Für 2018 bekommen die Aktionäre 1,19 Euro je Aktie nach 1,93 Euro im Vorjahr. Das entspricht beim aktuellen Kurs aber immerhin einer Dividendenrendite von 8,4 Prozent.
Es zeichnet sich jedoch ab, dass die Probleme für P7S1 mit den Abgängen im Management nicht kleiner werden. Der Markt ist anspruchsvoll, das Anzeigengeschäft ist kein Selbstläufer mehr wie früher, ein großer Teil der Werbebudgets werden über Youtube, Instagram und Co verteilt. Das lineare Fernsehen ist dank Netflix, Amazon Prime und bald auch Apple auf dem absteigenden Ast. Vor diesem Hintergrund erscheinen die langfristigen Wachstumsziele, die noch der jüngst ausgeschiedene CFO formulierte, ambitioniert: Der Umsatz soll in den nächsten fünf Jahren auf sechs Milliarden Euro klettern, 1,5 Milliarden Euro sollen dabei dann operativ hängen bleiben. Zielrendite für die Aktionäre: zehn bis 15 Prozent pro Jahr. Ohne größeren Strategieschwenk könnte dies schwierig werden. Ist P7S1 also doch ein Fall für einen Aktivisten?
KKR in Deutschland bereits aktiv
Gerüchte dafür gibt es. Der Finanzinvestor KKR ist bereits in Deutschland aktiv und meldete die Übernahme der Tele München Gruppe (TMG) vom bisherigen Medienunternehmer Herbert Kloiber. KKR kündigte auch an, mit TMG eine Plattform zu schaffen, die vom Filmset bis ins Kino und zur TV-Auswertung die komplette Wertschöpfungskette mit starker eigener Produktion abdeckt. Mit dem kurz darauffolgenden Kauf von Universal Film unterstrich der Finanzinvestor sein Interesse an deutschen Medienfirmen. Vor diesem Hintergrund rückt mit etwas Fantasie auch ProSiebenSat.1 wieder in den Blickpunkt. Insbesondere weil das für KKR kein Neuland wäre. KKR war von 2006 bis 2014 mit dem Investor Permira zusammen Eigentümer des TV-Konzerns aus Unterföhring.
Filetierung könnte Wert schaffen
Zur Strategie von KKR würde P7S1 allemal passen, der TV-Sender deckt einen großen Teil der Wertschöpfungskette ab, die KKR aufbauen will. Das erfolgreiche Beteiligungsgeschäft, das in der NuCom Group gebündelt ist, ließe sich sicherlich anderweitig verwerten. Das notwendige Know-how dazu sollte KKR haben. In einem Deal mit General Atlantic, nach dem der Finanzinvestor 25,1 Prozent an NuCom hält, wurde die Sparete, in dem die E-Commerce und Internetaktivitäten wie Amorelie, billiger-mietwagen.de, Flaconi, Jochen Schweizer mydays Group, KäuferPortal, moebel.de, Parship Elite Group, Stylight, Verivox und Windstar Medical gebündelt sind, mit 1,8 Milliarden Euro bewertet. In der nebenstehenden Ableitung möglicher Unternehmenswerte für die einzelnen Sparten lässt sich durchaus ein weiterer Grund für den Einstieg eines aktivistischen Investors finden. Filetiert in kleinere Einheiten wäre durchaus mehr drin als der aktuelle Kurs hergibt.
Bestenfalls eine Heuschrecken-Wette
Operativ lassen sich derzeit wenig Kaufgründe für ProSiebenSat.1 finden. Die Aktivitäten von KKR bringen jedoch ein gewisses Maß an Fantasie. Allerdings sollten sich bestenfalls sehr risikobereite Anleger an die Aktie wagen. Denn technisch ist der Wert angeschlagen. Bei einem neuen Tief wird ein dickes Verkaufssignal generiert, das die Aktie bis zum nächsten Unterstützungsbereich um 10 Euro absacken lassen könnte.
(Mit Material von dpa-AFX)