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Porsche: Was ist die Aktie wirklich wert?

Porsche: Was ist die Aktie wirklich wert?
Foto: Börsenmedien AG
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20.07.2011 ‧ Markus Horntrich

Unsicherheiten dominieren die faire Bewertung der Porsche-Aktie. Auch die Analysten sind uneins darüber, was man dem Sportwagenbauer als Kursziel zugestehen kann. Was ist die Aktie unter welchen Voraussetzungen wirklich wert?

Einigkeit sieht anders aus: Die Kursziele der Analysten für die Porsche-Aktie klaffen weit auseinander. Sie schwanken sehr deutlich zwischen 60 Euro und 105 Euro. Bezogen auf den aktuellen Kurs heißt das, dass das Kurspotenzial, das die Analysten der Aktie zugestehen, irgendwo zwischen sechs Prozent und 85 Prozent angesiedelt ist.

Bewertung wie eine Beteiligungsgesellschaft

Wichtig zu wissen: Porsche-Aktionäre sind Anteilseigner der Porsche SE. Die Porsche SE fungiert seit Dezember 2009 als Holding für die beiden operativ tätigen Beteiligungen an der Porsche Zwischenholding GmbH, in der das Automobilgeschäft von Porsche angesiedelt ist, und der Volkswagen AG, die wiederum rund die Hälfte des Automobilgeschäfts von Porsche hält. Mit anderen Worten: Die Porsche SE ist aktuell eine Beteiligungsgesellschaft mit im Wesentlichen zwei Assets. Bis hierhin wäre eine Bewertung des Konstrukts im Grunde einfach. Wären da nicht Unsicherheitsfaktoren, die das Ganze erschweren. Da wären einerseits steuerliche Risiken, die die geplante Verschmelzung der Porsche SE auf die Volkswagen AG verzögern oder unter Umständen teuer machen könnten. Analysten halten es für möglich, dass Steuerzahlungen von über einer Milliarde Euro anfallen könnten. Weitere Unwägbarkeiten bestehen hinsichtlich rechtlicher Risiken.

Unsicherheit bei den rechtlichen Forderungen

Die rechtlichen Auseinandersetzungen bergen die größten finanziellen Risiken für die Schwaben. Mit einer Lösung der Rechtsstreitigkeiten ist nicht vor 2012 zu rechnen. Ein positives oder negatives Ende ist nicht vorherzusehen. Der Streitwert aller Verfahren beträgt (umgerechnet) 5.726 Millionen Euro: Beim United States District Court des Southern District of New York in den USA haben 46 Kläger sechs Schadensersatzklagen gegen die Porsche SE erhoben. Die Kläger machen Schäden in Höhe von mehr als 2,5 Milliarden US-Dollar geltend. Drei der Kläger und weitere 23 Kläger haben zudem am 18. Februar 2011 haben am 15. März 2011 zwei Schadensersatzklagen bei einem Gericht des US-Bundesstaats New York eingereicht. In ihren Klagen machen sie Ansprüche wegen Betrugs im Sinne des Common Law und ungerechtfertigter Bereicherung aufgrund ähnlicher Behauptungen wie in ihren oben genannten Klagen geltend. Streitwert: mindestens 1,4 Milliarden US-Dollar. Weiterhin hatten in den Jahren 2009 und 2010 institutionelle Investoren in Deutschland Güteverfahren wegen behaupteter Schadensersatzansprüche aufgrund angeblicher Verstöße gegen kapitalmarktrechtliche Vorschriften beantragt. Sämtliche Schadensersatzforderungen beziehen sich auf angeblich entgangenen Gewinn und werden von den Investoren insgesamt mit rund 2,98 Milliarden Euro beziffert.

Drei Szenarien

Die Frage bei der Bewertung ist natürlich, in welcher Höhe man solche drohenden Ansprüche berücksichtigen soll. DER AKTIONÄR hat in seiner Rechnung daher drei Szenarien aufgestellt: Eines, bei dem die Rechtsansprüche unbegründet und damit nicht relevant sind, eines in dem sie zu 100 Prozent und eines in dem sie zu 50 Prozent einfließen. Die Porsche SE kann man nicht wie einen normalen Autohersteller bewerten, da sie im Grunde wie dargestellt nur eine Beteiligungsgesellschaft ist. Ausschlaggebend ist daher die Summer der wertbeeinflussenden Einzelteile, also der Wert des 49,3-prozentigen Anteils am Porsche-Automobilgeschäft, der Anteil an den 149,7 Millionen VW-Stammaktien und die Nettoverschuldung. Hinzu kommt dann noch die Frage, in welcher Höhe man die rechtlichen Risiken berücksichtigt.

Folgende Tabelle gibt einen Überblick, welchen "Wert" man aktuell unter bestimmten Voraussetzungen für Porsche SE ableiten kann:



rechtl.
Risiko
0%

rechtl.
Risiko
100%
rechtl.
Risiko
50
%


Porsche Kerngeschäft  Mio. € 6.729 6.729 6.729
VW-Anteil (149,7 Mio. VOW zu 137€) Mio. € 20.509 20.509 20.509
Nettoliquidität Mio. € -2.000 -2.000 -2.000
Zwischensumme Mio. € 25.238 25.238 25.238
Rechtsrisiken Mio. € 0 -5.726 -2.863
Gesamtsumme Mio. € 25.238 19.512 22.375
Anzahl Aktien Mio.   306,25 306,25 306,25
Wert je Aktie 82,41 63,71 73,06
         


Die Kalkulation ist natürlich nur so gut, wie die Annahmen, die dahinter stecken. Zudem wurden Abschläge für die Holdingstruktur nicht vorgenommen. Für das Porsche-Kerngeschäft (knapp 50 Prozent) wird auf Basis einer EBIT-Schätzung für 2011 von 2.100 Millionen Euro und unter einem marktüblichen EBIT-Multiplikator ein Wert von 6.729 Millionen Euro angesetzt. Der VW-Anteil ergibt sich aus dem aktuellen Kurs für die VW-Stämme und der auf die Porsche SE entfallenden knapp 150 Millionen VW-Stammaktien. Die Nettoverschuldung dürfte nach der Kapitalerhöhung im März bei rund zwei Milliarden Euro liegen. Für die Rechtsrisiken wurde jeweils ein prozentualer Anteil der entsprechenden Streitwerte herangezogen.

Fair bewertet

Obenstehende Tabelle macht deutlich, dass der Wert zu einem großen Anteil vom Kurs der VW-Aktie abhängt. Steigt der VW-Kurs um zehn Prozent, beeinflusst dies den "fairen Kurs" der Porsche-Aktie um etwa 8 Prozent. Kursziele von 105 Euro sind eher utopisch. Setzt man natürlich für VW ein höheres Kursziel als den aktuellen Kurs, kann man sicherlich höhere Werte ableiten. Angesichts der Abhängigkeit vom VW-Kurs stellt sich ohnehin die Frage, ob es nicht sinnvoller ist, das VW-Papier zu bevorzugen. Zumindest begibt man sich dann nicht in das Risiko, vor dem Hintergrund der anhängenden Schadensersatzverfahren auf dem falschen Fuß erwischt zu werden. Die Porsche-Aktie ist daher nur eine Halteposition.
Aus charttechnischer Sicht ist nach einem Überwinden der 60-Euro-Marke ein Anstieg bis zum Hoch bei 76 Euro denkbar. Nach unten sichern die Unterstützung und der Aufwärtstrend bei rund 50 Euro ab. Geht es darunter, sollte man die Reißleine ziehen.

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