Starke Auftragseingänge, technologischer Fortschritt und politische Unterstützung: Für die Windbranche läuft es derzeit wieder wie geschmiert. Die Aktie von Nordex, Vestas und Co springen weiter von Hoch zu Hoch. Doch Senvion ist das abschreckende Negativbeispiel. Der kleinere Wettbewerber hat gestern den Gang in die Insolvenz angekündigt.
Nachdem die Gespräche mit den Geldgebern und potenziellen Investoren auch nach Wochen noch erfolglos geblieben sind, hat Senvion einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. „Auch wenn es uns bisher noch nicht gelungen ist, durch eine Refinanzierung etwas mehr Freiraum zu gewinnen, so können wir doch auf ein grundsätzlich solides und starkes Geschäftsmodell bauen“, so Vorstandschef Yves Rannou. Er will Senvion zurück zu alter Stärke führen.
Schwieriger Weg
Die Herausforderung ist, sowohl Geld für die Finanzierung zu bekommen als auch das Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen. Die Grundvoraussetzungen dafür stimmen, denn Senvion hat ein prall gefülltes Orderbuch mit einem Auftragsvolumen von rund fünf Milliarden Euro. Doch der Weg ist weit. Rund 100 Millionen Euro fehlen derzeit, um die Geschäfte weiterzuführen. Senvion hat zudem trotz der guten Auftragslage seit Jahren keine Gewinne erwirtschaftet.
Fehler im Management und operative Mängel des Unternehmens wirkten sich hier negativ aus. Senvion konnte Windkraftwerke nicht pünktlich liefern und musste dafür hohe Strafzahlungen leisten. Der Konzern leidet außerdem seit Jahren unter dem Kapitalmangel – wichtige Investitionen konnten so nicht getätigt werden.
Finger weg
Es gibt für Senvion durchaus interessierte Kapitalgeber. Das volle Auftragsbuch und der Boom in der Windbranche machen zudem Hoffnung auf ein Comeback. Ob es eine Einigung zu annehmbaren Bedingungen gibt, ist aber völlig offen. Die Senvion-Aktie dürfte nun zum Spielball der Trader werden. DER AKTIONÄR rät Anlegern, weiter an der Seitenlinie zu bleiben. Der Wettbewerber Nordex freut sich ebenfalls über eine Auftragsflut, verfügt aber über eine deutlich stärkere Bilanz und steht bei der Rückkehr in die schwarzen Zahlen entsprechend weniger unter Zeitdruck. Vor einem Neueinstieg sollten Anleger aber auch hier eine Konsolidierung abwarten.