Der Streaming-Riese Netflix testet derzeit ein Feature, mit dem Abonnenten gegen eine Zusatzgebühr ihr Passwort mit anderen Nutzern ohne eigenen Account teilen können. Das laut Nutzungsbedingungen verbotene, aber dennoch weit verbreitete Account-Sharing könnte dadurch in legale Bahnen gelenkt und monetarisiert werden.
Bei einer Umfrage der US-Investmentbank Cowen unter 2.500 US-Konsumenten gaben rund 42 Prozent an, ihr Netflix-Passwort entgegen der Nutzungsbedingungen auch mit Personen außerhalb des eigenen Haushalts zu teilen. Analyst John Blackledge wittert darin eine Chance für das Unternehmen, den Umsatz auf lange Sicht deutlich zu steigern.
Sollte das Angebot weltweit ausgerollt werden, könnte dies seine Umsatzprognose für das Jahr 2023 um vier Prozent erhöhen, rechnet der Experte vor. In konkreten Zahlen ausgedrückt entspräche das einem jährlichen Umsatzplus von 1,6 Milliarden Dollar.
Das wäre immerhin etwa einem Viertel des Umsatzes, der Netflix jedes Jahr durch unerlaubte Weitergabe von Zugangsdaten durch die Lappen geht. Citi-Analyst Jason Bazinet hatte die dadurch entstandenen Umsatzeinbußen für den Konzern kürzlich auf 6,2 Milliarden Dollar pro Jahr beziffert.
Umsatz-Turbo oder Wunschtraum?
In Peru, Chile und Costa Rica testet Netflix bereits eine Funktion, mit der die Nutzer ihr Passwort gegen eine zusätzliche Gebühr legal teilen können. Nutzer in Costa Rica zahlen beispielsweise für ein Basic-Abo 8,99 Dollar. Das Passwort an zwei zusätzliche Zuschauer außerhalb des eigenen Haushalts weiterzugeben würden einen Aufpreis von 2,99 Dollar kosten.
Ob das tatsächlich angenommen wird und die entgangenen Umsätze spürbar abfedern kann, darf allerdings bezweifelt werden. Zum einen hat Netflix kein System, dass auch künftig Account-Sharing unterbindet. Zum anderen kannibalisiert Netflix den eigenen Pool an potenziellen Abonnenten, die sich möglicherweise für ein vollwertiges Abonnement entschieden hätten.
Während des Netflix-Management auf der Suche nach neuen Wachstums- und Umsatzquellen ist, setzt sich an der Börse die Richtungssuche der Aktie fort. Auf dem aktuellen Niveau ist sie aber wieder attraktiver bewertet und definitiv ein Kandidat für die Watchlist. Mit Blick auf das nach wie vor angeschlagene Chartbild sollten aber allenfalls risikofreudige Anleger bereits einen Fuß in die Tür stellen.