Spannung wie bei einem Thriller – das empfinden Anleger aus der Biotechnologie-Branche oft. Sind die Forschungsergebnisse gut, gelingt vielleicht sogar die Marktzulassung? Nicht immer allerdings entwickelt sich die Story positiv. Und die wenigsten werden Bestseller. Bei Morphosys stehen die Chancen jedoch gut, dass das Ganze sogar eine „Unendliche Erfolgsgeschichte“ werden könnte. Angefangen hat alles im Jahre 1992: Seitdem erforschen die Wissenschaftler aus Martinsried bei München menschliche Antikörper für Therapien gegen Krebs und andere Krankheiten. Die Strategie von Morphosys fußt dabei auf zwei Hauptsäulen: auf der Entwicklung von Medikamenten durch eigene Forschung und Entwicklung sowie auf der Kooperation mit Pharma- und anderen Biotechnologie-Partnern. Mit mittlerweile mehr als 100 Wirkstoffen ist die Pipeline von Morphosys dabei so gut gefüllt wie noch nie zuvor.
Der Vorstandsvorsitzende Dr. Simon Moroney erklärt im Hintergrundgespräch mit dem AKTIONÄR: „Im Laufe der letzten Jahre hat Morphosys eine der breitesten und differenziertesten biopharmazeutischen Pipelines der Biotechnologie-Industrie aufgebaut. Erste Partnerprogramme stehen vor der Marktreife und das firmeneigene Portfolio hat sich zügig weiterentwickelt. Wir setzen nun zusätzliche Ressourcen ein, um unsere Programme in zulassungsrelevanten Studien voranzubringen und zu einem Unternehmen mit kommerzieller Ausrichtung zu reifen. Morphosys hat sich dabei in den letzten Jahren erfolgreich von einem Technologieanbieter zu einem Medikamentenentwickler gewandelt. Mit einer soliden Auswahl an firmeneigenen Wirkstoffkandidaten ist die Zeit nun reif, durch weitere Investitionen sicherzustellen, den vollen Wert unseres Portfolios auszuschöpfen. Unser langfristiges Ziel ist es dabei, ein voll integriertes, kommerzielles biopharmazeutisches Unternehmen zu werden, das seine eigenen Produkte vermarktet. Unser am weitesten fortgeschrittener Krebswirkstoff MOR208 steht hierbei mit einem umfassenden Entwicklungsplan an der Spitze dieses Prozesses.“
Die firmeneigenen Aktivitäten von Morphosys konzentrieren sich derzeit auf drei klinische Kandidaten: die hämato-onkologischen Programme MOR208 und MOR202, für die Morphosys weltweite Vermarktungsrechte hält, und das Prostatakrebs-Programm MOR209/ES414, das gemeinsam mit Emergent Biosolutions entwickelt wird. Morphosys plant außerdem für 2016 den Beginn klinischer Studien mit MOR106 und MOR107 gegen entzündliche beziehungsweise fibrotische Erkrankungen. Ohnehin soll das firmeneigene Wirkstoffportfolio nachhaltig gestärkt werden. Morphosys will 2016 die Ausgaben für Forschung und Entwicklung signifikant erhöhen. Am weitesten fortgeschritten ist derzeit der Krebswirkstoff MOR208. Anfang Dezember hat Morphosys auf der Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für Hämatologie (ASH) in Orlando starke Daten vorgelegt. Moroney erklärt hierzu: „Die klinischen Ergebnisse aus zwei laufenden Phase- 2-Studien, die wir 2015 auf mehreren wissenschaftlichen Konferenzen veröffentlicht haben, waren überaus ermutigend. Neben einer sehr guten Verträglichkeit haben wir bereits in der MOR208-Monotherapie eine Reihe von vielversprechenden Ansprechraten der Patienten gesehen – darunter mehrere Komplettremissionen. Hier sind wir auch im Wettbewerbsumfeld ganz vorne mit dabei. Zudem bewegen wir uns auf einem Gebiet mit großem medizinischen Bedarf und Marktpotenzial.“ Neben zahlreichen weiteren vielversprechenden Studien steht im laufenden Jahr vor allem der Start einer Phase-2-Studie beim sogenannten diffusen großzelligen BZell-Lymphom (DLBCL) an. Dies ist eine überaus aggressive Blutkrebserkrankung, für die es derzeit kaum Behandlungsoptionen gibt. „Schließlich planen wir 2017 den Start einer ersten eigenen pivotalen Studie in DLBCL – dies wäre die erste zulassungsrelevante Studie mit einem in Eigenregie entwickelten Wirkstoff von Morphosys“, fügt Moroney stolz hinzu. Eine Zulassung für den Blockbuster-Kandidaten könnte dann 2020 erfolgen.
Für Turbulenzen sorgte im vergangenen Jahr das Forschungsprojekt MOR202. Nachdem der Partner Celgene sich im Frühjahr aus der Kooperation verabschiedet hatte, ist die Aktie von Morphosys erheblich eingebrochen. Anleger befürchteten sogar das Aus des Entwicklungsprogramms. Moroney kann hier aber klar Entwarnung geben: „Wir können zu den Gründen von Celegene nichts sagen, aber wir haben in keiner Weise Zweifel an unserem Wirkstoff. Im Gegenteil: MOR202 hat zuletzt auf der ASH-Konferenz Anfang Dezember sehr überzeugende Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten für MOR202 in der Indikation des Multiplen Myeloms (MM) gezeigt. Für Morphosys – im weltweiten Vergleich noch ein relativ kleines Biotech-Unternehmen – ist der angestrebte Anteil am Weltmarkt für das Multiple Myelom (Anm. d. Red.: die Zielindikation von MOR202) kommerziell sehr attraktiv. Der Gesamtmarkt für das Multiple Myelom ist sehr groß. Analysten schätzen das Marktpotenzial für Antikörper in diesem Bereich auf über fünf Milliarden Dollar. Wir arbeiten darauf hin, im Jahr 2017 mit einer pivotalen (zulassungsrelevanten) Studie beginnen zu können.“ Zudem hat Morphosys weitere Wirkstoffe in der eigenen Pipeline, die nach und nach in die klinische Phase eintreten sollen.
Das Hauptaugenmerk des Interesses dürfte 2016 aber bei den Partnerprogrammen liegen. Derzeit befinden sich hier drei Präparate in der entscheidenden Phase 3. Bei Bimagrumab, das zur Behandlung von Einschlusskörpermyositis (einer entzündlichen Muskelerkrankung mit sehr hohem medizinischen Bedarf) eingesetzt werden soll, dürfte der Partner Novartis bereits im ersten Halbjahr 2016 die ents cheidenden Studienergebnisse veröffentlichen. Bimagrumab hat von der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA eine Breakthrough Therapy Designation erhalten. Von daher wäre hier im Fall positiver Phase-3-Daten eine relativ schnelle Zulassung möglich. Und auf Bimagrumab wartet enormes Marktpotenzial, weiß Moroney. „Eine von uns in Auftrag gegebene Studie hat in dieser Indikation Umsätze von bis zu 400 Millionen Dollar prognostiziert. Bimagrumab wird darüber hinaus bei altersbedingtem Muskelschwund (Sarkopenie) und bei Patienten nach Hüftoperationen untersucht. Sollte der Antikörper auch in diesen Indikationen erfolgreich sein, sprechen wir von Milliardenumsätzen, an denen Morphosys wieder durch Tantieme beteiligt wäre.“
Ein weiterer heißer Zulassungskandidat, der zusammen mit Janssen entwickelt wurde, ist Guselkumab. Hier erwartet Morphosys ebenfalls bereits im laufenden Jahr abschließende Phase- 3-Daten. Schon 2017 könnte die Substanz dann auch die Marktreife erreichen. Guselkumab wird für Schuppenflechte entwickelt, eine chronische Krankheit mit gleichfalls hohem medizinischen Bedarf und sehr großem Marktpotenzial, mit einem geschätzten Marktwachstum von 6,6 Milliarden Dollar im Jahr 2013 auf über 10,7 Milliarden Dollar bis 2023. „Wenn wir uns hier im Erfolgsund Zulassungsfall über erfolgsabhängige Zahlungen unseres Partners Janssen ein kleines Stückchen abschneiden könnten, wäre das ein großer Effekt für Morphosys und seine Aktionäre“, erklärt Moroney zuversichtlich.
Anleger können sich also auf spannungsgeladene Monate bei Morphosys freuen. Gelingen der Gesellschaft tatsächlich die ersten Zulassungen, müsste eine Neubewertung durchgeführt werden.