Der US-Elektroautobauer Tesla hat im ersten Quartal neue Rekorde erreicht. Alle anderen Auto-Hersteller kämpfen darum, den Anschluss zu halten. Der Konflikt in der Ukraine und neue Störungen der Lieferketten machen es Volkswagen, BMW und Mercedes nicht unbedingt einfacher, den Swing weg vom Verbrennungsmotor, hin zur Elektromobilität zu meistern. DER AKTIONÄR sprach mit Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut über die aktuelle Lage.
DER AKTIONÄR: Der Ukraine-Konflikt birgt neue Gefahren für die deutschen Autobauer. spreich neue Probleme der Lieferketten. Welche Schwierigkeiten sehen Sie auf VW, BMW und Mercedes zukommen?
FERDINAND DUDENHÖFFER: Mit dem Ukraine-Krieg hat sich das Bild der Autoindustrie deutlich verschlechtert. Wir haben neue Verwerfungen in der Zulieferkette durch den Ukraine-Krieg, die allerdings in drei Monaten wieder ausbalanciert sein sollten. Dass ist nicht das Problem. Wesentlich sich die Verwerfungen in den weltweiten Energiekosten und das ist das deutlich größere Probleme. Zusätzlich belasten die Corona-Ausbrüche in China durch seine Null-Covid-Strategie. Die großen Lockdowns werden sich im Angebot, aber auch in der Nachfrage in China bemerkbar machen. Und das trifft VW, BMW und Mercedes gleichermaßen. Wir gehen für 2022 von einem rückläufigen Pkw-Weltmarkt aus, also das schlechte Ergebnis von 2021 wird 2022 nochmals schlechter. Gleich aus zwei Richtungen kommt der Druck: Angebotsausfälle in China, immer noch schwierige Halbleiterlage und eher überbrückbar der Ukraine-Zulieferausfall. Alle drei Effekte zusammen stellen 2022 eine große Belastung auf der Angebotsseite dar.
"Der Weltautomarkt dürfte 2022 unter das Niveau des ersten Corona-Jahrs 2020 fallen."
DER AKTIONÄR: Und wie sieht es auf der Nachfrageseite aus?
FERDINAND DUDENHÖFFER: Mit den steigenden Preisen, steigenden Zinsen und der weltweiten Inflation werden die Autoverkäufe in USA und Europa in 2022 rückläufig sein. China hat ein Angebotsproblem, USA und Europa ein gemixtes Angebots- und Nachfrageproblem. Der Weltautomarkt dürfte 2022 unter das Niveau des ersten Corona-Jahrs 2020 fallen. Damit ist offen, ob man es 2022 wie 2021 bei den Autobauern schafft durch weitere Preissteigerungen mit weniger Verkäufen die Gewinne nach oben zu schieben. Ich gehe nicht davon aus, dass dies 2022 der Fall sein wird.
"Bei BMW fürchte ich, hat man sich zu lange mit seiner „Technologieoffenheit“ das Elektroauto in die Zukunft geschoben. Jetzt versucht man eher hektisch gegenzusteuern.
DER AKTIONÄR: Welchen der drei deutschen Hersteller würden Sie als ihren Favoriten bezeichnen, wenn es um den Swing Richtung E-Mobility geht?
FERDINAND DUDENHÖFFER: Ganz klar den VW-Konzern, der sehr frühzeitig mit der Umsteuerung begonnen hat. Mercedes fährt mit etwas Abstand die „Electric Only“ Strategie, aber die flächendeckende Umsetzung braucht noch Zeit. Und bei BMW fürchte ich, hat man sich zu lange mit seiner „Technologieoffenheit“ das Elektroauto in die Zukunft geschoben. Jetzt versucht man eher hektisch gegenzusteuern. Beispiel etwa, dass der BMW 3er in China jetzt zusätzlich als vollelektrisches Fahrzeug angeboten werden soll. Da dürfte man weder bei der Kostenstruktur noch bei der Emotionalität gegenüber Tesla Model 3 punkten können.
DER AKTIONÄR: Wie sehen Sie die neuen Herausforderer aus China – darunter zum Beispiel BYD – das Management hat neue Varianten des Modell HAN vorgestellt. Die eigene Batterie-Produktion sowie die Expansionspläne und neue Modelle könnten den deutschen Herstellern das Leben nicht nur im wichtigen Automarkt China, sondern bald auch in Europa schwer machen?
FERDINAND DUDENHÖFFER: Man muss das ganz klar im Auge haben und darf die Blade-Batterie nicht unterschätzen. Aber der ganz große Wettbewerber für die deutschen Autobauer ist Tesla. Tesla macht die Pace. Mit den neuen Werken in Grünheide und Austin hat Tesla nicht nur emotionale Fahrzeuge, sondern ganz deutlich mit seinen Scales die Kostenführerschaft beim Elektroauto übernommen.
Chinesische Marken wie BYD gewinnen im Inland als auch international an Popularität. Das zeigen unter anderem Umfragen in Norwegen. Hier hat BYD vor kurzem mehrere Elektroautos, sprich „Testballons“ auf die Straßen geschickt. Kurzum: BYD hat mit seinen Elektroautos konkurrenzfähige Produkte im Portfolio, die international durchaus bestehen und mit dem Tesla Model Y sowie dem VW ID.3 und dem ID.4 mithalten können. Nach der Korrektur ist das Papier bei Kursen zwischen 25,00 Euro und 26,50 Euro wieder eine Wette wert.
Mercedes ist auf dem richtigen Weg. CEO Ola Källenius hat zuletzt gezeigt, dass er einen klaren Plan hat. Volkswagen ist eine Halteposition.