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07.02.2015 Florian Söllner

Mehr als eine Nummer: Ferratum und Lending Club im Fintech-Boom

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FERRATUM DTL. IHS...

Bin ich als Kunde nur eine Nummer? Nein. Viel mehr. Mindestens 10.000 Nummern und Daten stehen in Ihrer virtuellen Kartei. Computerprogramme entscheiden in Sekundenbrauchteilen über den Charakter und die Bonität eines potenziellen Kunden. Gerade für Verleiher ist es Gold wert, nur jenen Menschen Geld zu geben, die es auch zurückzahlen können – und wollen. Algorithmen verarbeiten etwa: Welches Smartphone nutzt der Kunde, wo wohnt er, welche Facebook-Freunde hat er, wie schnell liest er die AGB, beherrscht er die deutsche Rechtschreibung? Der Fantasie und Datensammelwut sind im digitalen Zeitalter keine Grenzen gesetzt.
Ein Pionier auf der Suche nach der Formel für die optimale Kreditvergabe ist die Hamburger Kreditech. Deren Algorithmus fügt ständig weitere Kriterien hinzu. So wurde erkannt, dass eine bestimmte Schriftart auf dem Computer der Bewerber oft zum Ausfall des Kredites führte. Die einleuchtende Erklärung: Die Schriftart stammt von installierten Gambling- und Kasino-Spielen – was das Risiko erhöht, dass der Kunde das Geld verzockt.
Auch der Börsenaspirant Ferratum entscheidet in Sekunden über einen Kreditantrag. In Deutschland treten die Finnen etwa unter der Marke Xpresscredit
.de auf.
Anders als die noch nicht börsennotierte Kreditech setzt Ferratum weniger auf Eigenentwicklungen von Algorithmen. Die Stärke der Finnen ist es vielmehr, den Kunden per Smartphone den schnellen Zugang zu einem Kredit zu ermöglichen. CEO und Großaktionär Jorma Jokela lies im Gespräch mit dem AKTIONÄR durchblicken, dass weitere Produkte geplant sind – etwa Apps für den schnellen Geldtransfer zwischen europäischen Ländern. Denn im Kerngeschäft – dem Online-Geldverleih – nimmt die Konkurrenz zu. Auch traditionelle Banken wie die Deutsche Bank bieten mittlerweile schnelle Onlinekredite an. Dennoch: Analysten glauben, dass Ferratum auch die nächsten Jahre Wachstumsraten von über 20 Prozent erreicht. Der Gewinn wird im laufenden Jahr mehr als verdoppelt werden.

 


Anleger sollten jedoch den (von Zu- und Abschreibungen von Forderungen unabhängigen) Cashflow im Auge behalten. Dieser war zuletzt stets negativ.
Auch Konkurrent Kreditech verfolgt Sprecherin Anna Friedrich zufolge das IPO „sehr gespannt“ und hofft auf Impulse für die ganze Branche. Kreditech holt sich gerade neues Geld in einer privaten Finanzierungsrunde, welche deutlich über der Bewertung vom Juni 2014 in Höhe von 190 Millionen Dollar liegen dürfte – ein späteres IPO nicht ausgeschlossen.

Lending Club und On Deck
Größter Eisbrecher für die Branche war bislang Lending Club. Die Aktie startete im Dezember 70 Prozent über dem Ausgabepreis. Der US-Gigant setzt ebenfalls auf ein eigenes Scoring-Modell. Hauptasset ist jedoch die Plattform, weswegen der Bewertungsaufschlag gerechtfertigt scheint. Eine Formel kann im Zweifel zugekauft werden – ein funktionierender Marktplatz ist hingegen schwer zu kopieren.
Eine weitere Variante ist das Geschäftsmodell von On Deck. Die Amerikaner setzen auf einen Algorithmus, der die Bonität von Firmen prüft.
On Deck und Lending Club versorgen ihre Kunden besonders schnell mit Geld – rasche Gewinne für Aktionäre sind aufgrund des fehlenden Momentums in den Charts und der hohen Bewertung aktuell nicht drin. Das Gefühl sagt: kaufen. Die Nummern: abwarten!


Dieser Artikel ist in der AKTIONÄR-Ausgabe 06/2015 erschienen.

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