Es hatte sich angesichts der anhaltend schwachen Entwicklung der Weltwirtschaft bereits in den vergangenen Monaten abgezeichnet, nun herrscht Klarheit: Der Spezialchemiekonzern Lanxess wird noch stärker von der Branchenflaute erfasst als bisher schon und muss daher die Prognose für das Gesamtjahr erneut verringern.
Das Management um Chef Matthias Zachert will zudem die Dividende kürzen. Die Kölner leiden seit geraumer Zeit unter der schwachen Nachfrage in der Branche und unter hohen Energiekosten. Die in diesem Jahr ohnehin schon schlecht gelaufene Aktie gab kräftig nach.
Das Papier verlor am MDAX-Ende 7,7 Prozent auf 21,23 Euro. Analyst Chris Counihan von der US-Investmentbank Jefferies betonte, die erneute Prognosesenkung richte den Blick verstärkt auf die Bilanz des Konzerns, weil bei diesem Ergebnisniveau der freie Barmittelzufluss begrenzt sein dürfte. Dem trage Lanxess anscheinend mit der gekürzten Dividende Rechnung.
Lanxess rechnet für 2023 jetzt nur noch mit einem um Sondereinflüsse bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 500 bis 550 Millionen Euro. Bislang hatte der Konzern noch 600 bis 650 Millionen Euro auf dem Zettel. Analysten rechneten zuletzt im Schnitt mit einem operativen Ergebnis von rund 571 Millionen.
Anfang des Jahres hatte Zachert noch ein operatives Ergebnis in Höhe des Vorjahreswerts von 930 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Im Mai gab der Vorstand dann eine Bandbreite aus, die in der Mitte der Spanne bereits darunter lag. Diese Prognose kappte das Unternehmen dann einige Wochen später im Juni.
Ein beginnender Lagerabbau bei Kunden der Agrarindustrie sowie eine lieferantenbedingte Produktionseinschränkung belasteten neben der schwachen Nachfrage zusätzlich, hieß es nun vom Unternehmen. Lanxess will die Dividende für das laufende Jahr von 1,05 Euro auf 10 Cent je Aktie kürzen, um trotz der schwachen Geschäfte beim Schuldenabbau weiterzukommen. Dabei werde auch der jetzt angelaufene Verkaufsprozess für den Geschäftsbereich rund um Polyurethane (Urethane Systems) helfen. In dem Geschäft stellt Lanxess Kunststoffe und Kunstharze her, die Gummi oder sogar Metall ersetzen sollen. Sie werden in der Bauindustrie, der Metallverarbeitung, der Farb- und Lackindustrie, aber auch bei Reifen und Rädern eingesetzt.
Lanxess-Chef Zachert hatte im August ein Sparprogramm eingeleitet, das im laufenden Jahr rund 100 Millionen Euro einbringen soll, indem unter anderem europaweit die Einstellungen gestoppt und die Investitionen gekürzt werden. Tiefergehende Maßnahmen wie eine verschlankte Verwaltung sollen die jährlichen Kosten ab 2025 dauerhaft um rund 150 Millionen Euro senken. In Deutschland sind zwei von 53 Betrieben von der Schließung bedroht.
Im dritten Quartal hat Lanxess laut vorläufigen Zahlen ein operatives Ergebnis von 119 Millionen Euro erzielt und damit nach eigenen Angaben die Markterwartungen in etwa getroffen. Die detaillierten Zahlen für das Q3 werden am Mittwoch veröffentlicht.
Lanxess leidet weiterhin stark unter der anhaltend schwachen Konjunkturentwicklung in nahezu sämtlichen für das Unternehmen wichtigen Märkten. Dementsprechend mau war die Kursentwicklung der vergangenen Monate. Es bleibt daher dabei: Trotz der mittel- bis langfristig durchaus guten Perspektiven und der zweifellos günstigen Bewertung drängt sich ein Einstieg aktuell noch nicht auf. Anleger sollten nach wie vor an der Seitenlinie verharren.
Miz Material von dpa-AFX