Das Jahr 2023 dürfte für Chemieproduzenten wie BASF, Lanxess oder Evonik nach wie vor schwierig bleiben. Dafür stehen aber zumindest die Chancen gut, dass sich die Weltkonjunktur im kommenden Jahr wieder deutlich erholt. Dies ist die tendenzielle Vorhersage des Chefvolkswirts der Berenberg Bank, Holger Schmieding.
"In der zweiten Jahreshälfte dürften die USA eine Rezession durchlaufen, wenn auch eine eher milde", sagte Schmieding am Dienstag in Frankfurt vor Journalisten. Er sprach von einer "Mini-Rezession" mit einem nur sehr moderaten Rückgang der Wirtschaftsleistung. "Ab dem Frühjahr kommen die Vereinigten Staaten aus der Rezession, der Sommer und Herbst werden aber schwieriger."
Ähnlich bewertet Schmieding die Aussichten für Deutschland und den Euroraum, wobei für den gesamten Währungsraum im laufenden Jahr mit einem leichten Wirtschaftswachstum zu rechnen sei. Im kommenden Jahr erwartet der Ökonom wieder ein deutlicheres Wachstum von 1,2 Prozent - auch, weil dann der US-Abschwung auslaufe und für Unterstützung sorge. Für die deutsche Wirtschaft gibt sich Schmieding etwas zurückhaltender: Im laufenden Jahr sieht er eine "rote Null" beim Wachstum, also eine vermutlich leicht schrumpfende Wirtschaftsleistung. Im Jahr 2024 dürfte die größte Volkswirtschaft der Eurozone zu einem Wachstum von 1,3 Prozent zurückkehren.
Grundsätzlich lassen die großen wirtschaftlichen Schocks der vergangenen Jahre wie coronabedingte Lieferengpässe oder Gaskrise wegen des Ukraine-Kriegs laut Schmieding nach. Allerdings lasten die kräftigen Zinsanhebungen der Notenbanken auf dem Wachstum. Hinzu komme, dass China als globale Wachstumslokomotive in diesem Jahr ausfalle. "China ist mit Blick auf Konjunkturpakete vorsichtiger geworden. Es wird nur so viel geliefert, um den sozialen Frieden im Land zu wahren." Zudem leide die Volksrepublik unter einer Vielzahl von Langfrist-Problemen.
"Normalere Zeiten mit normalen Zinsen und normaler Inflation" sind aus Sicht Schmiedings zwar erst längerfristig zu erwarten. Allerdings würden in der Eurozone die Einkommen schon ab diesem Sommer schneller steigen als die Preise, so dass die reale Kaufkraft der Arbeitnehmer zunehme. Und auch mit Blick auf die hohe Teuerung sei Besserung in Sicht: "Mitte 2024 wird sich die Inflation im Währungsraum bei etwa 2,5 Prozent einpendeln." Aktuell liegt sie mit 6,1 Prozent wesentlich höher.
Die Aussagen von Schmieding belegen einmal mehr, dass zwar die mittel- bis langfristigen Aussichten für die Chemiehersteller durchaus gut sind, die aktuelle Lage aber weiterhin schwierig ist. Dementsprechend schwach präsentieren sich die Charts von Lanxess, BASF und Evonik. Es bleibt dabei: Die Aktien sind nur für Mutige geeignet. Wer investiert ist, sollte die Stoppkurse bei 22,00 Euro (Lanxess), 42,00 Euro (BASF) oder eben 15,00 Euro (Evonik) beachten.
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Mit Material von dpa-AFX