Kaum ein Tag vergeht, an dem man nichts über Monsanto liest. Den Saatgutriesen, den sich Bayer einverleiben möchte. Jeder Anleger weiß, dass hier ein mächtiger Weltmarktführer bei entsteht. Dass es in Deutschland bereits einen Weltmarktführer bei einer Saatgutsparte gibt, wissen hingegen nicht viele: KWS Saat.
Das Unternehmen aus dem niedersächsischen Einbeck ist mit seinen knapp 5.000 Mitarbeitern seit Jahren ein Meister darin, erfolgreich in diversen Nischen zu operieren. Am besten gelang das dem im SDAX notierten Konzern im Bereich der Zuckerrüben. Hier ist KWS Saat mit einem Marktanteil von 26 Prozent Weltmarktführer. Innerhalb der EU beläuft sich der Marktanteil sogar auf satte 40 Prozent. Zudem ist KWS Saat bei Saatgut für Mais (EU-Marktanteil: 19 Prozent) sowie weiteren Getreidesorten (vor allem Roggen, Weizen und Gerste) stark positioniert. Das Unternehmen bietet gentechnisch verändertes Saatgut und auch ökologische Produkte für Biobauern an. Mit diesem Mix verbucht KWS Saat seit Jahren beständig neue Umsatzrekorde. Erlöste der Konzern 2000/01 noch 393 Millionen Euro, waren es im abgelaufenen Fiskaljahr 2015/16 bereits satte 1,36 Milliarden Euro. Das durchschnittliche Umsatzwachstum betrugt stattliche 8,6 Prozent – ohne auch nur einen einzigen spürbaren Ausrutscher nach unten.
Während die Umsätze in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt haben, ist das EBIT seit dem Fiskaljahr 2013/14 von 118 auf 113 Millionen Euro gesunken. Grund hierfür ist auch der harte Konkurrenzdruck in einem Markt, in dem die Bauern unter anhaltend niedrigen Preisen leiden. Das Bemerkenswerte: Bei den meisten Wettbewerbern ist diese Kennzahl im deutlich zweistelligen Prozentbereich gesunken. Dies erklärt auch die starke Kursentwicklung der KWS-Titel im Vergleich zu den Anteilen von Wettbewerbern wie Monsanto, Vilmorin und Co.
Aussichten hellen sich wieder auf
Zudem haben die Preise bei Weizen, Mais (was vor allem für KWS Saat natürlich sehr wichtig ist) oder Sojabohnen ihre 2016 markierten Mehrjahrestiefs mittlerweile hinter sich gelassen. Sie alle profitieren derzeit von gleich mehreren Entwicklungen. So zieht die Nachfrage vor allem aus den Emerging Markets wieder spürbar an. Dies hängt auch stark mit der wieder besser laufenden Konjunktur zusammen. Ein gutes Indiz hierfür ist etwa der wieder kletternde Fleischkonsum, da sich die Menschen in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern erst bei höherem Einkommen das verhältnismäßig teure Fleisch leisten. Da zur „Herstellung“ von beispielsweise einem Kilo Rindfleisch mindestens 16 Kilo Getreide benötigt werden, dürfte auch das für eine anhaltend robuste Nachfrage sorgen. Nicht wenige Experten gehen daher davon aus, dass nach den Jahren 2009 bis 2012 ein weiterer Agrarboom, getrieben von der steigenden Bevölkerungszahl und dem steigenden Wohlstand in den Schwellenländern, kurz bevor steht.
KWS Saat würde diese Entwicklung voll in die Karten spielen, zumal der Konzern gerade in den aufstrebenden lateinamerikanischen Ländern auch gut positioniert ist und dort zuletzt zweistellige Wachstumsraten erzielen konnte.
Lob für die Strategie
Genau dies lobten kürzlich die Experten des Analysehauses Warburg Research. So verwies Analyst Oliver Schwarz auf die „ungewöhnlich gute Entwicklung in Südamerika“. Dies ist seiner Ansicht nach ein Indiz dafür, dass die Fortschritte in tropischen Märkten die aktuell noch sehr saisonabhängigen Ergebnisschwankungen dämpfen könnten. Ohnehin dürfte sich laut Schwarz die positive Ertragsentwicklung im zweiten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres 2016/17 weiter fortsetzen. Er stuft die Papiere des Saatgutherstellers vor diesem Hintergrund nach wie vor mit „Buy“ ein und erhöhte das Kursziel von 327 auf 340 Euro.
Ausbruch geglückt
Zugegeben: Die Kursentwicklung der Aktie von KWS Saat dürfte kaum einen Anleger von den Socken hauen. Dennoch ist beeindruckend, wie stark sich der Agrartitel in den letzten Jahren auf dem hohen Niveau, das die Aktie im Zuge der letzten „Agrar-Rallye“ bis zum Jahre 2012 erreichte, gehalten hat. Zumal der Kurs kürzlich mit dem Sprung auf mehr als 320 Euro ein neues Allzeithoch markiert hat. Damit wäre der Weg nach oben in den kommenden Wochen und Monaten vorerst frei.
Auch fundamental betrachtet hätte die Aktie von KWS durchaus noch Luft nach oben. Zwar ist der Titel, der in dieser Woche von den Zahlen des Wettbewerbers Vilmorin profitiert hat, kein Schnäppchen, doch Qualität hat ihren Preis. Zudem wird KWS Saat an der Börse aktuell mit etwa dem 13-fachen EBITDA des kommenden Geschäftsjahres bewertet. Zum Vergleich: Bayer legte für Monsanto knapp den 18-fachen operativen Gewinn der Amerikaner auf den Tisch.
Stimmiges Gesamtbild
Mit KWS Saat legen sich Anleger die Anteile eines Qualitätsunternehmens ins Depot, das in einem mittel- bis langfristig höchst attraktiven Markt sehr gut aufgestellt ist. Die Bewertung ist im Branchenvergleich immer noch moderat. Darüber hinaus ist das Chartbild der Aktie nach dem Sprung auf ein neues Rekordhoch bullish. Die AKTIONÄR-Altempfehlung eignet sich daher perfekt für langfristig orientierte Anleger.
Dieser Text war der "Top-Tipp Spekulativ" der Print-Ausgabe 18/2017.Die aktuelle Ausgabe 19/2017 mit vielen weiteren spannenden Storys finden Sie hier.