Bastei Lübbe vertieft seine Zusammenarbeit mit Ken Follett und betritt dabei Neuland. Erstmals hat der Kölner Konzern eine multimediale Vereinbarung geschlossen, die neben einem Fortsetzungsroman der Follett-Bestseller „Die Säulen der Erde“ und „Die Tore der Welt“ auch ein zeitgleich erscheinendes Computer-Spiel zu „Die Säulen der Erde“ umfasst.
DER AKTIONÄR sprach mit Bastei-Lübbe-CEO Thomas Schierack über den neuen Follett-Vertrag, unterschiedliche Zielgruppen, aktuelle Entwicklungen im Weihnachtsgeschäft und die weiteren Pläne mit den neuen digitalen Plattformen BookRix und BEAM.
DER AKTONÄR: Herr Schierack, Bastei Lübbe hat einen neuen Vertrag mit Bestsellerautor Ken Follett abgeschlossen. Wie schwierig ist es, einen Schriftsteller von Weltrang, wie Follett es ist, weiterhin an sich zu binden?
Thomas Schierack: Das ist keineswegs so schwierig, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Wir arbeiten bereits seit mehr als 35 Jahren erfolgreich mit Ken Follett zusammen. Wenn ein neuer Vertrag ansteht, setzen wir uns zusammen, reden über den Inhalt des Buches und über die Konditionen des Vertrags. So machen wir das seit 35 Jahren und wir sind immer zügig zu einer Einigung gekommen, die beide Seiten zufriedenstellt.
Kaufen Sie mit einem solchen Vertrag nicht die sprichwörtliche „Katze im Sack“, solange noch keine einzige Zeile dieses Buches geschrieben ist? Vertrauen Sie hier allein auf die treue Fangemeinde, die sich Ken Follett mit seinem bisherigen Werk erarbeitet hat?
Ken Follett ist einer der erfolgreichsten Autoren der Welt. Er schreibt seit mehr als 40 Jahren. Seine Romane sind allesamt Bestseller. Insofern: Ja, wir vertrauen ihm vollkommen. Dennoch kaufen wir als Verlag weder bei Ken Follett noch bei anderen Bestseller-Autoren die sprichwörtliche „die Katze im Sack“. Jeder Autor stellt uns im Rahmen der Vertragsverhandlungen schon ein Exposé zur Verfügung, aus dem ersichtlich wird, wie das Buch konkret aussehen soll. Bei dem jetzt vertraglich fixierten, neuen Buch von Ken Follett wissen wir zum Beispiel, dass es erneut im fiktiven Ort Kingsbridge spielen wird, wie auch „Die Säulen der Erde“ und „Die Tore der Welt“, die mit Abstand erfolgreichsten Bücher, die Ken Follett in der Vergangenheit geschrieben hat. Insofern sind wir auch für 2017 sehr zuversichtlich, dem deutschsprachigen Publikum einen neuen Weltbestseller bieten zu können.
Sie haben angekündigt, mit Ihrer Tochtergesellschaft Daedalic begleitend zum Follett-Buch auch ein Computergame auf den Markt zu bringen. Welche Strategie verfolgen Sie damit?
Unsere Tochtergesellschaft Daedalic Entertainment GmbH hat die Weltrechte zu Ken Folletts erfolgreichem Bestseller „Die Säulen der Erde“ erworben. Zeitgleich mit dem neuen Kingsbridge-Roman wird Daedalic weltweit ein Adventure-Spiel zu „Die Säulen der Erde“ herausbringen. Damit erschließen wir einen neuen, sehr vielversprechenden Multimedia-Kanal. Bastei Lübbe betritt damit in der Verlagsbranche Neuland. Nach unserer Kenntnis ist es das erste Mal, dass zeitgleich zum neuen Buch eines internationalen Bestsellerautors ein mit solchem Aufwand produziertes Computer-Spiel erscheint. Das Buch wird nicht nur für das Spiel einen positiven Marketingeffekt haben, sondern auch umgekehrt. Das Spiel wird die Buchverkäufe positiv unterstützen. Das ist genau die Art von Synergien, die wir beim Einstieg bei Daedalic im Blick hatten.
Adressieren Sie damit nicht zwei grundverschiedene Zielgruppen?
Buch, Spiel und Film – wir sind überzeugt, dass es hier durchaus ähnliche Zielgruppen gibt. Wer liest, spielt oft auch oder geht ins Kino und umgekehrt. In der Regel beginnt die Kette bisher aber beim Film, dann kommen das Spiel und das Buch. Der Reiz für uns ist es nun unter anderem, genau dies umzudrehen und zu zeigen, dass es andersherum beziehungsweise in alle Richtungen funktioniert. Unser Ziel ist es, die jeweils andere Zielgruppe vom Buch bzw. Spiel zu überzeugen und so sowohl die Verwertung des Buches als auch des Spieles noch weiter zu „befeuern“. Neben Synergieeffekten in der Produktion, können wir zum Beispiel die aufwendigen Grafiken für ein enhanced-eBook nutzen, zudem ergeben sich Synergieeffekte im Bereich des Marketings und des Vertriebes.
Folletts aktuelles Buch „Kinder der Freiheit“ ist seit dem 16. September auf dem deutschen Markt. Wie zufrieden sind Sie mit den Verkäufen bisher? Kann der dritte Teil der Trilogie die hohen Erwartungen erfüllen?
Mit dem Verkauf des aktuellen Buches von Ken Follett „Kinder der Freiheit“ sind wir bisher sehr zufrieden, die Abverkäufe liegen oberhalb des letzten Bandes „Winter der Welt“. Das Buch ist permanent unter den Top 3 der Bestsellerliste und nach Auskunft des deutschen Buchhandels ist „Kinder der Freiheit“ das Weihnachtsgeschenk in 2014. Insofern gehen wir davon aus, dass das Buch unsere hohen Erwartungen erfüllt.
Welche weiteren „heißen Eisen“ haben Sie für das Weihnachtsgeschäft im Feuer?
Dieses Jahr sind wir auf den Bestseller-Listen und unter dem Weihnachtsbaum sehr gut vertreten. Mit „Ein Geschenk von Bob“ haben wir im Sachbuch-Bereich einen Nummer 1-Bestseller. Auch das Taschenbuch „Er ist wieder da“ ist seit Wochen auf Platz 1 und wird sich wahrscheinlich auch unter zahlreichen Weihnachtsbäumen wiederfinden. Und nicht zu vergessen den neunten Band von Gregs Tagebuch „Böse Falle“, den wir vor wenigen Tagen ausgeliefert haben und der direkt von null auf Platz 1 gesprungen ist.
Kommen wir auf das digitale Geschäft zu sprechen. Welchen Umsatzanteil machen eBooks bei Bastei Lübbe mittlerweile aus und wie wirkt sich der steigende Anteil auf die operative Marge aus?
Das digitale Geschäft (Audio und eBook) macht inzwischen bereits 17 bis 18 Prozent unseres Gesamtgeschäftes aus. Die Tendenz ist weiter steigend. Insbesondere der Anteil unserer eigenen Serien, das heißt der Serien, die wir selbst entwickeln und an denen wir alle Rechte halten, verbessert unsere Marge beim digitalen Umsatz. Mit der zunehmenden Internationalisierung unserer eigenen Inhalte wird sich dieser Margenanstieg weiter fortsetzen.
Mit der Mehrheitsbeteiligung an der Selfpublishing-Plattform BookRix und der Übernahme der Online-Shopplattform BEAM haben Sie sich im eBook-Bereich verstärkt. Inwiefern können Sie hier Synergien zum Kerngeschäft nutzen?
Mit den Mehrheitsbeteiligungen an Daedalic und BookRix sowie der Übernahme der Plattform BEAM haben wir uns im laufenden Jahr digital erheblich verstärkt. Die Beteiligung an BookRix dient der Erschließung weiterer Inhalte. Über BookRix haben wir die Möglichkeit, auf digital erfolgreiche Autoren direkt zuzugreifen. Den Autoren wiederum geben wir die Möglichkeit, ihre Inhalte auch im Printwege zu vertreiben. Mit der Übernahme der Plattform BEAM haben wir zudem erstmals die Möglichkeit, unsere Produkte, aber auch die Produkte anderer Verlage selbst zu verkaufen und hier Kundendaten zu gewinnen.
Welche Ziele verfolgen Sie mit BEAM mittelfristig?
Wir haben mit BEAM sehr viel vor. Wir wollen die Sichtbarkeit unserer eigenen Inhalte, das heißt unserer Serien national wie international, deutlich verstärken. Deswegen werden wir unter dem Label BEAM – neben dem Verkauf von Büchern – eine nationale wie internationale Streaming-Plattform aufbauen. Diese Streaming-Plattform fokussiert sich auf digitale Serieninhalte. Hier werden wir den Fundus an Inhalten, den wir haben, und die Inhalte, die wir derzeit entwickeln, verwerten. Zudem werden wir internationale Verlage ansprechen, die eine ähnliche Strategie verfolgen, um deren Inhalte auf dieser Streaming-Plattform mit anzubieten.
Die digitale Wachstumsstrategie soll sich mittel- bis langfristig auch positiv in der Gewinn- und Verlustrechnung niederschlagen. Noch honoriert die Börse diese Zukunftsinvestitionen, die kurzfristig die Gewinnmargen drücken, nicht. Wie wollen Sie die Anleger von Ihrer Strategie überzeugen?
Bisher honoriert die Börse unsere guten Zahlen und insbesondere unsere erfolgreiche digitale Ausrichtung in der Tat noch nicht. Offenbar haben wir es noch nicht geschafft, der Börse mitzuteilen, dass wir im Bereich des Aufbaus eigener Inhalte und eigener Rechte und der weltweiten Digitalisierung ein Alleinstellungsmerkmal besitzen und ausbauen. Es ist also eine Sache weiterer Kommunikation, die Börse von unseren Fähigkeiten und dem viel zu niedrigen Kurs zu überzeugen. Der Start eines Aktienrückkaufprogramms und diverse Aktienkäufe durch Vorstandsmitglieder sind ein weiteres Zeichen, dass wir mittelfristig deutliches Potenzial im Aktienkurs sehen.
Vielen Dank für das Interview!