Seit Jahren bekommen Sparer keine Zinsen mehr auf dem Konto. Einige mussten zudem noch Negativzinsen bezahlen. Nun geht auch noch die Inflation durch die Decke. Mit der ING wagt sich die erste Bank aus der Deckung, die Kunden zumindest keine Strafzinsen mehr berechnen will. Das könnte Schule machen.
Die ING Deutschland schafft nach eigenen Angaben die Negativzinsen für einen Großteil ihrer Privatkunden ab. Zum 1. Juli erhöht die Bank die Freibeträge für Guthaben auf Giro- und Tagesgeldkonten, für die kein Verwahrentgelt fällig wird, von derzeit 50.000 auf 500.000 Euro pro Konto. Das teilte das Institut gestern mit. Die ING Deutschland gebe damit die positive Zinsentwicklung auf den Kapitalmärkten frühzeitig an ihre Kundinnen und Kunden weiter.
„Mit der Erhöhung des Freibetrags für Guthaben auf dem Giro- und Extra-Konto entfällt das Verwahrentgelt für 99,9 Prozent unserer Kundinnen und Kunden“, sagte Nick Jue, Vorstandschef der ING in Deutschland. „Wir haben als eine der letzten Banken ein Verwahrentgelt eingeführt und schaffen es als eine der ersten quasi wieder ab.“ Das Versprechen, mit Wegfall der Minuszinsen das Verwahrentgelt zu streichen, löse das Institut für fast alle Kunden schon vor einer Entscheidung der Europäischen Zentralbank ein.
Angesichts der Rekord-Inflation nehmen Europas Währungshüter Kurs auf ein Ende der ultralockeren Geldpolitik. Dabei gilt eine erste Zinserhöhung im Juli als zunehmend wahrscheinlich. Derzeit müssen Banken 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie Geld bei der EZB parken. Volkswirte erwarten, dass die Notenbank in diesem Jahr wahrscheinlich in mehreren Schritten zunächst diesen negativen Einlagensatz auf null Prozent anheben wird.
Einige Banken wie die ING hatten diese Kosten in den letzten Jahren über Verwahrentgelte an die Kunden weitergegeben, um so die eigenen Erträge zu erhöhen. Der Druck auf Wettbewerber steigt im laufenden Jahr nun der ING zu folgen. Auskömmliche Zinsen, die auch die Inflation ausgleichen, sind aber weiterhin nicht in Reichweite.
Die ING überrascht Sparer positiv. Wie sich das auf die Erträge auswirkt, ist jedoch unklar. In einem Umfeld steigender Zinsen sollten diese dennoch zulegen. Die letzten Quartalszahlen des Institutes waren hingegen enttäuschend, der Krieg in der Ukraine führte zu einer stark gestiegenen Risikovorsorge. Die Aktie ist keine laufende Empfehlung.
Mit Material von dpa-AFX.