Zinssenkungshoffnungen und geopolitische Spannungen befeuern die Erholung deutscher Immobilien-Aktien. Nach deutlichen Kursgewinnen bei Vonovia, LEG, TAG und Co setzte sich der Aufschwung fort. Doch wie tragfähig ist er?
Am Mittwoch legten Vonovia, Deutsche Wohnen und TAG Immobilien um mehr als vier Prozent zu. Auslöser waren fallende Anleiherenditen und Spekulationen auf eine geldpolitische Wende. Zusätzlich halfen Unsicherheiten durch US-Zollpläne und geopolitische Spannungen. Sie lenkten Kapital in defensive Sektoren wie Wohnimmobilien.
Auch am Donnerstag hielten die Kurse, wenn auch mit geringeren Zugewinnen. im schwachen Gesamtmarkt sind die Werte führend in DAX und MDAX. Anleger fragen sich nun: Handelt es sich nur um eine technische Gegenbewegung nach dem Ausverkauf 2022/23 – oder beginnt eine fundamentale Erholung?
Operativ zeigen sich die großen deutschen Wohnimmobilienkonzerne robust. Die Leerstandsquoten bei Vonovia und LEG liegen unter 2,5 Prozent, das Mietwachstum 2024 bei rund 4 Prozent. TAG Immobilien verbesserte sich in Ostdeutschland und Polen, vor allem beim Leerstandsabbau.
Die operativen Mittelzuflüsse (FFO) bleiben solide. Zwar belastet das Zinsniveau, doch die durchschnittlichen Fremdkapitalzinsen liegen unter 2 Prozent, mit Laufzeiten von meist über sechs Jahren. Kurzfristige Refinanzierungsrisiken bestehen kaum. Alle drei Unternehmen verfügen über ein Investment-Grade-Rating.
Trotzdem notieren Vonovia, LEG und TAG mit 35 bis 50 Prozent Abschlag auf den bilanzierten Nettovermögenswert (EPRA NTA). Der Markt zweifelt an der Werthaltigkeit der Portfolios und der langfristigen Finanzierbarkeit des Geschäftsmodells.
Im Fokus stehen bei den Wohnungskonzernen aber besonders die Zinsen. Ein nachhaltiger Aufschwung braucht fallende Zinsen. Die Inflation im Euroraum sinkt. Eine erste Zinssenkung der EZB wird für Mitte 2025 erwartet. Das würde den Finanzierungsdruck mindern. Doch die hohe Staatsverschuldung und globale Krisen – Ukraine, Nahost – verhindern eine klare Trendumkehr.
Zudem wäre ein aktiverer Transaktionsmarkt hilfreich. Erste Verkäufe von Vonovia an institutionelle Investoren deuten diesbezüglich auf auf Besserung hin. Und auch Vonovia und Co selbst reden davon, dass die Talsohle am Immobilienmarkt durchschritten sein sollte. Noch ist die Branche von Normalität aber entfernt.
Sollte das Zinsniveau allerdings hoch bleiben oder es zu weiteren Abschreibungen kommen, droht ein Rückschlag. Auch politische Eingriffe wie Mietdeckel oder Sanierungspflichten bergen Gefahren. Wenn der Zollkrieg sich abschwächen sollte, dürfte zudem die Rotation in defensive Sektoren abnehmen. Diesen Risiken sollten sich Anleger trotz des neuen Aufwinds bewusst sein.
Die Rally ist substanziell. Eine echte Neubewertung steht noch aus. Wer einsteigt sollte Fundamentaldaten prüfen und die Zinsentwicklung im Auge behalten. Speziell bei weiter sinkenden Zinsen und einer Fortsetzung des globalen Handelskriegs bieten Immobilien-Aktien attraktive Chancen für Antizykliker.