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29.12.2018 Marion Schlegel

Grippeschutz fürs Depot: Roche, GlaxoSmithKline, Shionogi & ein deutscher Hoffnungsträger

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Roche

Kaum ist eine der stärksten Grippewellen aller Zeiten in Deutschland überstanden, steht schon die nächste Grippesaison vor der Tür. Nach Einschätzung des Robert-Koch-Instituts (RKI) war die Grippewelle 2018 die schlimmste seit 2001 in Deutschland. Der nächste Schub wird Dezember/Januar starten und soll seinen Höhepunkt im Frühjahr erreichen. Wie stark die Grippewelle diesmal ausfallen wird, steht noch in den Sternen, eines ist jedoch sicher: Für die Pharmakonzerne ist das Thema Grippe ein Milliardengeschäft, egal ob man nun Impfstoffanbieter ist oder ein Medikament zur Behandlung der Grippe liefert.

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Top-Player am Impfstoffmarkt

Der nach eigenen Angaben größte Impfstoffhersteller der Welt ist GlaxoSmithKline. Zudem waren die Briten 2013 der erste Grippeimpfstoff-Produzent, der einen tetravalenten Impfstoff entwickelt und marktfähig hatte. Gerade im vergangenen Jahr war dies ein großes Thema. Während gesetzlich Versicherte in Deutschland nur eine Dreifach-Impfung erhielten, wurde Privatpatienten die Vierfachimpfung gegen Grippe verabreicht. Auch die Ständige Impfkommission empfiehlt mittlerweile die tetravalente Grippeimpfung. GlaxoSmithKline profitiert dabei von einer immer größer werdenden Zahl von Impfwilligen. Die Briten konnten in diesem Jahr aber auch in einigen anderen Bereichen wie der HIV-Therapie punkten. Zudem überzeugt GlaxoSmithKline mit einer hohen Dividendenrendite von derzeit 5,5 Prozent.

Das Verfahren, wie ein Grippeimpfstoff produziert wird, ist mittlerweile aber bereits mehr als 50 Jahre alt. Es weist viele Probleme und Fehler auf. Die Forschungen für neue Grippeimpfstoffe laufen deswegen bereits auf Hochtouren. Besonders stark positioniert ist hier ein deutsches Unternehmen: BioNTech aus Mainz. Dies hat auch der US-Pharma-Gigant Pfizer bereits erkannt und im Sommer dieses Jahres eine Kooperation mit BioNTech geschlossen. DER AKTIONÄR hat mit Sean Marett, CCO von BioNTech, über die die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Grippeimpfung gesprochen (siehe Interview unten).

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Shionogi und Roche mit neuem Mittel

Ist es dann erst einmal passiert, dass man an Grippe erkrankt ist, muss das passende Mittel her. Am bekanntesten ist hier wohl das Roche-Mittel Tamiflu. Auf diesem Gebiet ist mit Shionogi einem Unternehmen aus Japan ein wichtiger Fortschritt gelungen. Es hat im vergangenen Jahr mit Xofluza das erste Grippemittel mit einem neuen Wirkmechanismus auf den Markt gebracht. Während Shionogi die Vermarktungsrechte für Japan und Taiwan innehat, hat sich Roche die Rechte für den Rest der Welt gesichert. Erst vor wenigen Wochen haben die Schweizer die Zulassung für den wichtigen US-Markt erhalten.

Diese Werte sind kerngesund

Die AKTIONÄR-Empfehlungen GlaxoSmithKline, Roche und Shionogi sind nicht nur aufgrund ihrer starken Positionierung im Grippesektor weiterhin ein interessantes Investment. Anleger lassen hier ihre Gewinne laufen. BioNTech hingegen ist noch nicht an der Börse notiert. Ein IPO ist aber keineswegs abwegig. Anleger sollten die Mainzer in jedem Fall im Auge behalten.

 

Interview mit Sean Marett, CCO von BioNTech

DER AKTIONÄR: Herr Marett, die Leser dürften BioNTech als Spezialisten für personalisierte Therapien gegen Krebs kennen. Nun wollen Sie auch Produkte im Bereich der Infektionskrankheiten entwickeln. Wie passt das zusammen?

Sean Marett: Wir sind prinzipiell derzeit ein Immun-Onkologie-Unternehmen. Aber wir haben die Möglichkeit, die verschiedenen Plattformen auch für Infektionskrankheiten zu verwenden. Der Mechanismus, wie das Immunsystem funktioniert, also die Krebszellen oder die mit Viren infizierten Zellen angreift, ist ähnlich. Das bedeutet, wenn man versteht, wie das Immunsystem Krebszellen angreift, dann kann man diese Erkenntnisse auch nutzen, um Wirkstoffe wie Impfstoffkandidaten zur Vorbeugung gegen Infektionskrankheiten, wie die saisonale Grippe, zu entwickeln.

In diesem Jahr haben Sie diesbezüglich zwei hochinteressante Kooperationen schließen können. Im August haben Sie den Deal mit Pfizer veröffentlicht. Was hat es damit auf sich?

Wir haben bereits im Jahr 2016 einen Deal mit Bayer Animal Health auf dem Gebiet der Tier-Infektionskrankheiten schließen können. Die Erkenntnisse, die wir aus der Tierheilkunde gewinnen konnten, können wir auch auf unsere Forschung am Menschen übertragen. Im August dieses Jahres folgte der Deal mit Pfizer. Dies war der erste für die Arzneimittel-Entwicklung für Menschen. Wir entwickeln für Pfizer eine neue Art von Schutzimpfung gegen Grippe auf Basis von messenger RNA. Messenger Ribonucleic acid oder zu Deutsch Boten-Ribonukleinsäure ist ein natürliches Molekül, das in Körperzellen dazu dient, Proteine herzustellen.

Allerdings befinden wir uns in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung. Es wird noch einige Jahre dauern, bis ein möglicher neuer Grippeimpfstoff zur Verfügung steht.

Was ist der Unterschied zur bestehenden Grippeimpfung?

Zur Herstellung von Grippeimpfstoffen ermittelt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einem aufwendigen Untersuchungsverfahren, welche Virenstämme in der kommenden Grippesaison möglicherweise auftreten. Auf Basis dieser Prognose produzieren die Impfstoffhersteller dann den entsprechenden Impfstoff in sterilen Hühnereiern, die zuvor mit einer Viruslösung infiziert wurden. Das Verfahren ist ebenfalls sehr aufwendig und kann bis zu sechs Monate dauern. Und es birgt Risiken: Zum einen muss die WHO mit ihrer Prognose der Virusstämme richtig­liegen. Ist dies nicht der Fall, wird ein Impfstoff hergestellt, der nicht oder nur wenig schützt. Zum anderen kann sich das Virus während des Herstellungsprozesses verändern beziehungsweise mutiert und unterscheidet sich von den ursprünglich ermittelten Virusstämmen. Die Folge ist, dass der Grippeimpfstoff keinen ausreichenden Schutz bietet, was besonders bei Menschen mit schwachem Immunsystem erhebliche Auswirkungen haben kann.

Und bei der Technologie von BioNTech bestehen diese Gefahren nicht?

Wir haben mit mRNA das Potenzial, einen Grippeimpfstoff herzustellen, der insgesamt einen besseren Schutz bieten könnte. mRNA-Impfstoffe sind ein neuartiger Ansatz, um für ein Virus oder mehrere spezifische Viren Proteine zu kodieren. Das heißt, wir schicken das Signal direkt zum Immunsystem. Der Impfstoff muss nicht mehr in sterilen Hühnereiern produziert werden. Wir nutzen stattdessen nur die gene­tische Information des jeweiligen Grippevirus.

Der nächste Punkt ist, dass der bestehende Prozess, einen Grippeimpfstoff herzustellen, von Februar bis Juni/Juli dauert. Dann werden die Vakzine geliefert. Wenn aber die Prognose der WHO nicht richtig war, hat man keine Zeit, die Vakzine noch zu ändern. Mit mRNA hätte man theoretisch die Möglichkeit, einen angepassten Grippeimpfstoff in kürzerer Zeit herzustellen. Und wir haben einen weiteren Vorteil im Vergleich zur bisherigen Grippeimpfstoff-Herstellung. Wenn man heutzutage ein Vakzin herstellt, ist dies ein sehr komplexer und aufwendiger Prozess. Mit mRNA hingegen benötigt man nur die Virusstämme der WHO und kann dann schneller, präziser und eventuell kostengünstiger Grippeimpfstoffe produzieren. Ein großer Vorteil gerade bei Pandemien.

Herr Marett, wir danken Ihnen für das sehr interessante Gespräch.

Der Artikel ist bereits im AKTIONÄR Ausgabe 49/2018 erschienen, den Sie hier herunterladen können.

 

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