Gold und Silber haben ihre Tiefstände hinter sich geladen und arbeiten sich nach oben. Doch die Frage bleibt: Ist das schon der Boden für die Edelmetalle. Die Analysten von Goldman Sachs bleiben zwar bullish für Gold und Silber, senken aber ihre Kursziele deutlich. Die Prognosen sind geprägt von den Sorgen der Fed über hohe Inflation und schwaches Wachstum.
Anfang 2021 hatte die Bank ihre Goldprognose auf 2.500 Dollar je Unze angehoben, da sie davon ausging, dass die Angst vor einer Rezession in den USA die Nachfrage ankurbeln würde, die in der Vergangenheit ein größerer Treiber war als die realen Zinsen. „Wir haben zwar erwartet, dass die nominalen Zinssätze aufgrund der Zinserhöhungen der Fed steigen würden, aber wir haben nicht erwartet, dass die Inflationserwartungen so stark fallen würden“, so ein Team von Goldman-Strategen unter der Leitung von Mikhail Sprogis.
„Die wichtigste Schlussfolgerung ist, dass die taktische Richtung des Goldes im gegenwärtigen Umfeld einer strafferen Politik und anhaltender Rezessionssorgen durch Verschiebungen in der Prioritätsfunktion der Fed zwischen Inflationsbekämpfung und Wachstumsunterstützung bestimmt werden wird“, so die Strategen. Goldman senkte seine 3-, 6- und 12-Monats-Prognosen für den Goldpreis auf 1.850, 1.950 und 1950 Dollar je Unze von zuvor 2.100, 2.300 und 2.500 Dollar. Die Bank geht davon aus, dass Silber in diesen Zeiträumen 21, 23 beziehungsweise 25 Dollar je Unze erreichen wird, nachdem zuvor 30 Dollar je Unze erwartet worden waren.
Damit Gold einen strukturellen Aufwärtstrend ausbilden kann, müsste die US-Notenbank mit „intensiven Fragen“ zu ihrem Engagement bei der Inflationsbekämpfung konfrontiert werden, wie dies in den 1970er Jahren der Fall war, so Goldman. Damit das Edelmetall einen wesentlichen Abwärtstrend ausbilden kann, müsste die Inflation weiterhin nach oben überraschen, und die Fed müsste ihre Entschlossenheit, die Inflation zurückzudrängen, „bedingungslos“ unter Beweis stellen.
Mit anderen Worten: Gold und Silber liefern derzeit widersprüchliche Signale und Goldman Sachs wird vorsichtiger. Das ist angesichts der Performance der vergangenen Wochen alles andere als verwunderlich. Allerdings mehren sich die Zeichen, dass die Inflation (neue Daten heute um 14.30 Uhr) ihren Höhepunkt erreicht hat. Der Dollar schwächelt bereits ein wenig, was ein Vorbote sein könnte auf eine etwas vorsichtigere Notenbankpolitik im kommenden Jahr. Das wiederum dürfte Gold in die Karten spielen.