Der DAX hat ein paar wirklich schlimme Tage hinter sich. Wie geht es nun weiter? Folker Hellmeyer, Analyst bei der Bremer Landesbank, ist optimistisch. Aber er warnt auch die Anleger.
DER AKTIONÄR: Herr Hellmeyer, der DAX präsentiert sich seit Wochen in volatiler Verfassung. Wann geht es wieder aufwärts?
FOLKER HELLMEYER: So schnell nicht. Ich erwarte, dass die Börsen in den kommenden sechs bis acht Wochen seitwärts laufen werden. Beim DAX sehe ich eine Handelsspanne zwischen 9.500/9.700 und 10.500 Punkten.
Wieso so skeptisch? Immerhin wird es in den USA sehr wahrscheinlich so schnell keine Zinserhöhung geben, was doch positiv für die Aktienmärkte ist.
Die Risiken für die Märkte, die ich derzeit sehe, sind geopolitischer Natur. Da ist der ungelöste Konflikt in der Ukraine, der Krieg in Syrien sowie die Auseinandersetzungen im südchinesischen Meer. Dann haben wir die Abstimmung über den Brexit. Sollte er kommen, was ich favorisiere, wird das auf die Aktienkurse drücken, aber nur kurzfristig. Nach 14 Tagen wird der Markt das Thema nüchterner analysieren und das Positive des Brexits sehen.
Das wäre?
Die kommenden zwei Jahre bleibt organisatorisch alles beim Alten. Man wird in der Folge eines Austritts des UK dennoch deutliche Veränderungen sehen: Produktionsstätten würden in Richtung Kontinentaleuropa verschoben, die Finanzplätze Paris, Dublin und Frankfurt würden deutlich profitieren, zum Nachteil Londons. Jüngst hat die Citi klargemacht, dass sie sich im Fall eines Brexits auf das EU-Festland fokussieren wird. Kurz gesagt: Kontinentaleuropa wird strukturell vom Brexit profitieren.
Wird es eine Fusion von LSE und Deutscher Börse geben, wenn Großbritannien der EU den Rücken kehrt?
Das erwarte ich nicht. Im Falle eines Brexits hätten eine Fusion und ein Umzug nach London überhaupt keinen Sinn mehr.
Wie sieht es beim DAX aus? Ist der Index Ihrer Meinung nach fair bewertet?
Der DAX ist klar unterbewertet, sowohl im historischen als auch im internationalen Vergleich. Das KGV für 2017 beträgt nur 13, der historische Mittelwert liegt bei 16,6. Deswegen ist die anstehende Seitwärtsbewegung und/oder Korrektur eine Kaufchance für Anleger.
Wo sehen Sie den DAX am Jahresende?
Eindeutig höher. Mein Kursziel lautet 11.500 Punkte.
Welche Sektoren werden den Markt outperformen?
Ich bin bullish für Maschinenbau, den Automobilsektor und Chemie.
Vielen Dank für das Interview.