Zentralbanken versprechen den Märkten ein Land, in dem Milch und Honig fließen. Und jetzt scheinen wir wirklich dort angekommen zu sein! Welch ein Schlaraffenland!Angriffe auf Demokratie und Rechtsstaat? Für Anleger kein Thema. "Der türkische ISE-Aktienindex kratzt am Rekordhoch von 110.000 Punkten. Nun denkt man darüber nach, den Kurs durch 100 zu teilen – und erhofft sich davon eine optische Vergünstigung - ein Taschenspielertrick, der neue Anleger anlocken soll. 1.100 Punkte würden schließlich günstiger aussehen als 110.000 Punkte - geklappt hat das schon mal: Vor gut 40 Jahren brachte der „Index-Split“ zweistellige prozentuale Kursgewinne.
Blickt man an andere eher illiquide und normalerweise nicht im Anlegerfokus stehende Börsen, erkennt man eine ähnliche Renaissance. Ob diese mit Aufklärung zu tun hat oder mit der bloßen Angst, etwas zu verpassen, muss jeder für sich selbst beantworten", sagt Jochen Stanzl von CMC Markets.
Osteuropäische Börsen sind ein solches Beispiel. Polen scheint gerade aus der EU zu stolpern, aber Anleger treiben die Aktienkurse dort in die Höhe, schließlich sind sie im Vergleich mit etwa börsengelisteten deutschen Aktiengesellschaften günstig.
"Und auch wenn ich mir vor meinem geistigen Auge bereits den emotional aufgeladenen Protest bei einigen Lesern vorstellen kann (der mich wiederum in meiner These bekräftigt) sehe ich den Anlagenotstand auch durch Kryptowährungen bestätigt. Kryptowährungen sind ein spekulatives Investment in eine neue, viel versprechende, mit hoher Wahrscheinlichkeit disruptive Technologie –Blockchain. Von einer Währung hingegen verspreche ich mir Stabilität, keine rekordverdächtige Volatilität und auch keine endlose mengenmäßige Vermehrung, die – und das muss man offen eingestehen – durch eine schier nicht mehr zählbare und wachsende Zahl immer wieder neuer Kryptowährungen am Ende doch gegeben ist, obwohl es ja ursprünglich die Idee war, gerade das zu vermeiden.
Hier wie in jeder Hausse wird der Gaul geritten, bis er tot umfällt – alle genannten Beispiele zeigen die zunehmend aufwendige und risikoträchtige Suche der Anleger nach noch verbleibenden Renditen, wobei immer illiquidere Märkte angesteuert werden, die wie bei der Reise nach Jerusalem wahrscheinlich nur unter Schmerzen (Verlusten) wieder verlassen werden können, wenn am Ende die letzten Plätze vergeben sind und man als einziger dasteht und keinen Käufer mehr findet.
Ich bin gewiss kein Perma-Bär, kein Untergangsorakel und warum sollte man die Hausse und Trends nicht spielen, solange sie laufen. Ich sehe nur unverkennbar die Wiederholung von Mustern, die sich immer wieder in der gleichen Form und wahrscheinlich schon so lange abspielen, wie es Börsen gibt. Anleger tauschen Liquides durch Illiquides (hier ist nichts Alkoholisches gemeint), Chancen werden übermäßig betont, Risiken ausgeblendet, anlagesuchendes Kapital greift nach jeder nur denkbaren Alternative.
Das alles weist darauf hin, dass irgendwann die Party enden könnte. Natürlich ist das auch nur wieder eine weitere Phrase – Anleger sollten sich aber des Umstands gewahr sein, dass wir mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit im letzten Drittel der Hausse angekommen sind, die vor fast einer Dekade begonnen hat", sagt Jochen Stanzl.