Spannende Zeiten in der Chemiebranche: Während der Druck in Form hoher Energiepreise allmählich nachlässt, bleibt die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Weltwirtschaft groß. Dementsprechend volatil präsentierten sich die Aktien von BASF, Evonik oder Lanxess in den vergangenen Wochen.
Indes blickt Evonik wegen des Preisdrucks beim Tierfuttereiweiß Methionin sowie bei petrochemischen Standardprodukten etwas vorsichtiger auf die Gewinnentwicklung 2023. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen dürfte eher am unteren Ende der angepeilten Spanne von 2,1 bis 2,4 Milliarden Euro liegen, teilte der im MDax notierte Konzern am Dienstag mit. Im ersten Quartal sank das operative Ergebnis im Jahresvergleich um 44 Prozent auf 409 Millionen Euro, bei einem Umsatzrückgang um elf Prozent auf gut 4 Milliarden Euro. Das ist mehr als von Analysten erwartet. Unter dem Strich verdienten die Essener 47 Millionen Euro nach 314 Millionen vor einem Jahr.
Die gesamte Chemieindustrie bekam vor allem nach dem Jahreswechsel eine Kaufzurückhaltung der Kunden zu spüren, die sich wegen der Wirtschaftsflaute sowie prall gefüllter Lager zurückhielten. Evonik steuert mit Einsparungen durch weniger externe Berater, strengere Reisevorschriften sowie begrenzte Neueinstellungen gegen. Das trage erste Früchte, wenngleich der Großteil der angestrebten Einsparungen von 250 Millionen Euro erst im weiteren Jahresverlauf realisiert werde, hieß es nun.
Beim freien Mittelzufluss erreichte Evonik zum Jahresstart 21 Millionen Euro. Der Free Cashflow war in den vergangenen Jahren immer wieder ein Schwachpunkt des Konzerns und Anlass für Investoren- und Analystenkritik. "Um unsere Cashflow-Ziele in diesem Jahr zu erreichen, sind weitere Anstrengungen nötig", sagte Maike Schuh, die seit April die Finanzen des Konzerns verantwortet, laut Mitteilung. "Wir brauchen viel Disziplin im Umgang mit unserem Umlaufvermögen und bei den Investitionen." Im März hätte Evonik für 2023 einen Free Cashflow über dem Vorjahreswert von 785 Millionen Euro in Aussicht gestellt.
Lanxess-Chef lobt Vorschläge für Industriestrompreis
Indes unterstützt der Chef des Chemiekonzerns Lanxess, Matthias Zachert, die Vorschläge des Bundeswirtschaftsministeriums für einen Industriestrompreis. "Jetzt kommt es auf die konkrete Ausgestaltung und vor allem auf die schnelle und handwerklich saubere Umsetzung an", sagte Zachert der "Rheinischen Post" (Dienstag) laut Vorabmeldung. "Wir hoffen, dass alle in der Ampelkoalition den Willen dazu haben und an einem Strang ziehen." Andernfalls würden die energieintensiven deutschen Industrien ihre Wettbewerbsfähigkeit verlieren.
Grundsätzlich gelte, dass Lanxess bis 2040 klimaneutral werden wolle, sagte Zachert. "Damit wir diese Transformation erfolgreich bewältigen können, brauchen wir mittelfristig ausreichend Energie aus erneuerbaren Quellen, und zwar zu wettbewerbsfähigen Marktpreisen." Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte am Freitag ein Konzept für einen milliardenschweren staatlich subventionierten Industriestrompreis vorgelegt. Ziel ist es, wettbewerbsfähige Strompreise sicherzustellen.
Ein Industriestrompreis würde den deutschen Chemieproduzenten natürlich enorm helfen. Noch wichtiger wäre indes eine nachhaltige konjunkturelle Erholung wichtiger Absatzmärkte wie allen voran dem chinesischen. Dann dürften die Chemietitel ihre jüngste Erholung fortsetzen. Mutige können weiterhin darauf setzen. Die Stoppkurse sollten bei 31,00 Euro (Lanxess), 15,00 Euro (Evonik) sowie 42,00 Euro (BASF) belassen werden.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: BASF.
Mit Material von dpa-AFX