Intel steckt in der Krise und der operative Turnaround könnte länger auf sich warten lassen als gedacht. Dass die Aktie des ehemaligen Chip-Marktführers am Donnerstag unter die Räder gekommen und sechs Prozent an Wert verloren hat, hängt nicht nur mit Berichten über einen möglichen Rückzieher des US-Konzerns in Magdeburg zusammen.
Intels Vorstandschef Pat Gelsinger steht unter Druck: Er muss Kosten sparen, Marktanteile bei PC-Halbleitern zurückerobern, Nvidias Übermacht bei KI-Chips brechen und außerdem die Abhängigkeit der Vereinigten Staaten von asiatischen Halbleiterimporten reduzieren. Und das alles am besten bis Ende des Jahres.
Seit Donnerstagabend ist zudem klar, dass Intel mit Lip-Bu Tan einen extrem erfahrenden Mann im Aufsichtsrat verliert und nun schnellstmöglich für passenden Ersatz sorgen muss. Tan hatte dem Verwaltungsrat zuvor seinen sofortigen Rückzug "aus persönlichen Gründen" verkündet.
Tans Abgang erfolgt nur wenige Wochen, nachdem Intel im Anschluss an ein desaströses Quartalsergebnis Massenentlassungen und die Aussetzung von Dividendenzahlungen ab Dezember angekündigt hatte. Obwohl Pat Gelsinger Dutzende Milliarden Dollar in die Errichtung neuer Produktionsstätten in den USA und Europa investiert hat, sind die beiden Erzrivalen Nvidia und AMD zuletzt weiter davon gezogen.
Ob der Aufbau neuer Kapazitäten, mit denen sich Intel auch als Auftragsfertiger profilieren will, wie geplant überhaupt noch stattfinden wird, ist ungewiss. Am Donnerstag schrieben US-Medien, große Investoren stünden angesichts des Kostendrucks bei Intel den massiven Investitionsplänen etwa in Magdeburg kritisch gegenüber. Erst 2023 hatte Intel seine Investitionen für den Standort auf 33 Milliarden Dollar erhöht, nachdem das Land die Zusage für Subventionen erhöht hatte.
Die jüngste Kursschwäche bei Intel ist nicht einer einzelnen schlechten Nachricht geschuldet, sondern das Resultat etlicher Nackenschläge in den vergangenen Wochen und Monaten. DER AKTIONÄR ist weiter überzeugt, dass der US-Chipriese verlorenes Terrain zurückerobern kann. Allerdings könnte ein Turnaround länger dauern, als ursprünglich erwartet. Charttechnisch bietet die Marke bei 18,84 Dollar – das bisherige Jahrestief – für den Dow-Titel eine letzte Unterstützung. Kommt es zum Break, ist sogar ein Test der Tiefs von 2010 bei 16 Dollar nicht ausgeschlossen.