Die Auswirkungen des Coronavirus treffen den Vermögensverwalter hart. Aber es gibt bereits erste Anzeichen einer Erholung.
Das vergangene Jahr hatte die DWS gut abgeschlossen und war mit Rückenwind in 2020 gestartet. Wie die Finanzvorständin Claire Peel im Interview ausführt, gab es in den ersten Wochen des neuen Jahres starke Nettomittelzuflüsse. Doch dann kam Corona, und Anleger zogen wieder Milliarden ab. Der Vorsteuergewinn im ersten Quartal stieg indes um 17 Prozent auf 174 Millionen Euro und lag damit über den Erwartungen. Das verwaltete Vermögen sank auch wegen Marktturbulenzen, aber stärker als gedacht um fast zehn Prozent auf rund 700 Milliarden Euro.
Dividende ist sicher!
Positiv ist hingegen, dass der Vorstand am Kostenziel für nächstes Jahr festhält. Die Kosten-Ertrags-Quote soll unter 65 Prozent liegen. Frau Peel betont, dass es auch bei einer schlechten Marktentwicklung weiteres Einsparpotenzial gebe. Für Aktionäre wichtig ist in diesen Tagen die Dividende. Während andere streichen, will die DWS an der Ausschüttung von 1,67 Euro je Aktie für 2019 festhalten. Das sind derzeit mehr als fünf Prozent Rendite. Gut auch, dass die DWS breit aufgestellt ist und vermehrt Zukunftstrends wie Nachhaltigkeit (Stichwort ESG) mit Produkten bespielt. Normalisiert sich an den Märkten im zweiten Halbjahr die Situation, steht der Vermögensverwalter in den Startlöchern, um davon zu profitieren. Derweil sucht CEO Asoka Wöhrmann bereits nach neuen Kooperationen, vor allem in Asien. An der Konsolidierung in der Branche wolle die DWS aktiv teilnehmen, so Wöhrmann im Handelsblatt.
Chance für Anleger mit starken Nerven
Die Dividende ist üppig und das Kurspotenzial auch. Dazu muss sich die Lage an den Finanzmärkten weiter stabilisieren und die Normalität schrittweise zurückkehren. Mutige legen eine Position ins Depot.
Aktuelle Krise als Katalysator
DER AKTIONÄR: Vergangenes Jahr hat die DWS die Kehrtwende bei den Mittelzuflüssen geschafft. Geht das 2020 nun bedingt durch die Coronakrise wieder verloren? Im ersten Quartal gab es bereits Abflüsse.
Claire Peel: Mit einem Nettomittelaufkommen von fast vier Prozent haben wir unser Ziel letztes Jahr erreicht. Und wir sind gut ins Jahr 2020 gestartet. Im Januar und Februar haben wir über die drei Säulen unseres Geschäftsmodells Active, Passiv und Alternatives hinweg Nettomittelzuflüsse von fast neun Milliarden Euro erreicht – vor allem in den von uns angestrebten Wachstumsbereichen –, bevor Covid-19 seine volle Wirkung entfaltet hat. Aber selbst während des massiven Marktabschwungs im März konnten wir von unserem diversifizierten Geschäftsmodell profitieren, da die Zuflüsse in den Bereichen Active Equity und insbesondere Alternatives dazu beitrugen, die Abflüsse teilweise auszugleichen. Deshalb halten wir an unserem mittelfristigen Ziel von durchschnittlich drei bis fünf Prozent Nettomittelzuflüssen pro Jahr fest. Ob wir das in diesem Jahr erreichen können, hängt jedoch von den Märkten ab. Bislang hatten wir beim Mittelaufkommen einen positiven Start in das zweite Quartal. Wir sehen sowohl in unserem Privatkunden- als auch in unserem Passivgeschäft eine Rückkehr zu positiven Zuflüssen und eine starke Dynamik beim Mittelaufkommen bei Cash-Produkten. Aber nochmal: In dieser noch nie dagewesenen Situation ist es schwer einzuschätzen, wie sich der Markt entwickeln wird.
Die Aufwands-Ertrags-Relation von unter 65 Prozent bis 2021 hat die Geschäftsführung bestätigt. Wo sind weitere Potenziale, die Sie bei schlechterer Ertragslage heben können?
Wir haben gelernt, dass wir die Märkte nicht kontrollieren können, aber wir können unsere Kosten kontrollieren. Und genau das haben wir im ersten Quartal 2020 getan und unseren disziplinierten Weg fortgesetzt, den wir im letzten Jahr beschleunigt haben. Das hat sich im ersten Quartal positiv auf unsere Kostenbasis ausgewirkt. Unsere bereinigten Gesamtkosten sind gegenüber dem Vorquartal um 18 Prozent gesunken, da wir unsere Effizienzinitiativen wie geplant weiter umgesetzt haben. Dies trug zu einem guten bereinigten Aufwand-Ertrags-Verhältnis von 65,8 Prozent im ersten Quartal bei.
Bei Bedarf sind wir jederzeit in der Lage, die Kosten als Reaktion auf ein schwächeres Ertragsumfeld zu senken. Wir werden unseren strikten Effizienzfokus beibehalten, um unser Ziel von 150 Millionen Euro Bruttokosteneinsparungen bis 2021 wie angekündigt zu erreichen. Dazu gehören Initiativen wie unsere Dienstleisterinitiative und unsere neue Standortstrategie zur Verbesserung unserer globalen Büroflächennutzung. Bis jetzt sind wir auf Kurs. Darüber hinaus haben wir weitere Kosteninitiativen identifiziert, die bei Bedarf realisiert werden können und die es uns ermöglichen, potenziellen marktbedingten Gegenwind bei den Erträgen aufzufangen. Zudem ist es kein Geheimnis, dass die mit Reisen und Veranstaltungen verbundenen Kosten aufgrund der aktuellen Umstände und der damit verbundenen Einschränkungen reduziert werden.
An der Dividende für 2019 möchte die DWS festhalten. Will die Geschäftsführung die Aktie weiter als verlässlichen Dividendenzahler etablieren und auf jeden Fall auch für dieses Jahr eine Ausschüttung zahlen?
Die Versprechen, die wir dem Markt geben, sind für uns sehr wichtig. Wir haben mit unserem Börsengang ein Ziel für die Dividendenausschüttungsquote von 65 bis 75 Prozent angekündigt und unsere Dividendenzahlung steht seitdem im Einklang damit. Unser Vorschlag von 1,67 Euro je Aktie für das Geschäftsjahr 2019 bedeutet eine Steigerung von mehr als 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Jetzt haben wir entschieden, unseren Dividendenvorschlag beizubehalten, auch wenn dieser noch der Zustimmung der Hauptversammlung bedarf. Mit unserem diversifizierten und gut geführten Geschäftsmodell fühlen wir uns gut aufgestellt, um sicher durch die Covid-19-Krise zu navigieren.
Was bereitet Ihnen im laufenden Jahr am meisten Sorgen, wo sind Chancen?
Eine erneute Erhöhung der Ansteckungsraten, verbunden mit einer zweiten Pandemiewelle mit noch stärkeren Auswirkungen auf die Wirtschaft und damit die Märkte, ist aktuell sicher die größte Befürchtung, nicht nur für die DWS.
Chancen ergeben sich durch ein allgemeines Umdenken und die Änderungen von Verhaltensweisen, die wir derzeit sehen. Denken Sie beispielsweise an eingeschränkte Geschäftsreisen, die durch Videokonferenzen ersetzt werden oder verringertes Pendeln durch vermehrtes Homeoffice. Insgesamt wird das alles zu mehr Nachhaltigkeit führen, zu einem besseren Umgang mit den natürlichen Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen. Für uns in der DWS ist ESG, also Nachhaltigkeit, Kern unseres Handelns, wir wollen einer der führenden nachhaltigen Asset-Manager sein. Wenn die aktuelle Krise jetzt wie ein Katalysator wirkt und den Wandel zu mehr Nachhaltigkeit und Digitalisierung beschleunigt, haben wir die Chance, davon zu profitieren, dass wir schon früh damit begonnen haben, Nachhaltigkeit fest in unseren Investmentprozess zu integrieren und über die gesamte Produktpalette ESG-Produkte und -Lösungen anbieten können.
Flaggschiff-Fonds Ihres Konzerns sind stark bei Wirecard investiert, die DWS gehört mittlerweile zu den größten Aktionären. Seit Längerem gibt es bei Wirecard aber Zweifel an der Richtigkeit der Bilanz. Eine Sonderprüfung der Gesellschaft KPMG konnte nun nicht alle Fragen ausräumen. Wie reagieren Sie?
Als treuhänderisch tätiger aktiver Fondsmanager ist es unsere Aufgabe, Chancen für unsere Kunden und Anleger zu finden, verantwortungsbewusst und umfassend zu bewerten und als Investoren entsprechend meinungsstark und entscheidungsfreudig zu agieren. Dieser Aufgabe kommen wir in jedem Fall nach. Dabei gilt es für die Bewertung immer auch mit einzubeziehen, dass aktive Anlageentscheidungen dabei helfen können, die Benchmark gerade in Phasen größerer Kurseinbrüche von Indizes zu schlagen. Aber ich hoffe auf Ihr Verständnis, dass wir uns grundsätzlich nicht zu einzelnen Aktientiteln äußern.
Dieser Artikel ist in DER AKTIONÄR Nr. 20/2020 erschienen, welches Sie hier als PDF gesamt herunterladen können.