Der DAX klettert von Rekord zu Rekord. Allerdings ist nicht jeder Experte euphorisch für den Markt. Mister DAX Dirk Müller sieht einige Risiken für die Börse. Im Gastbeitrag für den AKTIONÄR sagt Müller, welche Aktien er jetzt trotzdem kaufen würde.
Ob Aktien heute über- oder unterbewertet sind, kommt auf die Sichtweise an. Unter ausschließlicher Berücksichtigung der konservativen Value-Ansätze der vergangenen Jahrzehnte gibt es kaum günstige Aktien, aber unzählige massiv überteuerte Titel. Berücksichtigt man jedoch die alternativen Investmentmöglichkeiten, insbesondere die Renditen von Unternehmensanleihen vergleichbarer Bonität, sind Aktien nach wie vor sehr günstig. Bei einer Veränderung der Zinslandschaft würde diese Betrachtung aber schnell kippen.
Nicht zu früh und nicht zu spät
Überhaupt gibt es zahllose Risiken, die jederzeit auf die Aktienmärkte durchschlagen könnten. Eine plötzliche Kreditklemme in einem der Schattenbanksysteme, eine militärische Eskalation oder ein Auseinanderbrechen der Eurozone sind derzeit nur die augenfälligsten Gefahren. Darüber muss sich jeder Investor – trotz meiner klaren Empfehlung für Aktien – bewusst sein. Es ist vergleichbar mit dem Kinderspiel „Spitz, pass auf“. Wer zu früh seinen Stein vom Brett zieht, verliert ebenso wie der, der zu langsam ist, wenn die sechs gewürfelt wird.
Dass die Risiken nicht in den Aktienkursen eingepreist sind, liegt an den beispiellosen Eingriffen der Notenbanken. Deswegen: Aktien ja, aber mit Absicherung!
Gilead ist die berühmte Ausnahme
Was ich bei den Einzeltiteln derzeit interessant finde, ist, dass die schweren Technologietitel wie IBM, Apple oder Cisco Systems verhältnismäßig günstig zu haben sind. Apple hat beste Aussichten – zum einen wegen der Marktdominanz bei hochwertigen Smartphones, zum anderen wegen der künftigen Einnahmen aus App-Verkäufen und Bezahlsystemen. Für IBM sind die Aussichten für das Thema Cloud hervorragend.
Obwohl es ansonsten gute Unternehmen sind, halte ich derzeit Consumer-Aktien wie Nestlé, McDonald’s und Coca-Cola und Aktien aus dem Healthcare-Sektor wie Pfizer und Roche für überbewertet. Eine Ausnahme bildet hier Gilead Sciences. Das Biotechnologie-Unternehmen hat eine bärenstarke Bilanz und eine hohe Ertragskraft. Der Aktienkurs konsolidiert seit einigen Monaten auf hohem Niveau. Hier ist auch für den Value-Investor in den kommenden Jahren noch einiges drin.
Die Finger lasse ich weiterhin von Unternehmen, die noch keine vernünftigen Unternehmensgewinne erwarten lassen. Dazu gehören Amazon und Twitter.